Datenschützer kritisiert Datenweitergabe an die USA

[heise] Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble und Bundesjustizministerin
Brigitte Zypries haben heute in Berlin zusammen mit dem
US-amerikanischen Justizminister Michael Bernard Mukasey und dem
US-Minister für Innere Sicherheit Michael Chertoff ein "bilaterales
Abkommen über die Vertiefung der Zusammenarbeit bei der Bekämpfung
schwerwiegender Kriminalität" unterzeichnet. Es sieht unter anderem den
verstärkten Austausch von Personen-Informationen von Terrorverdächtigen
vor, geht aus einer Mitteilung
der Bundesregierung hervor. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz
Peter Schaar erhebt massive Einwände, unter anderem wegen der
Datenschutzbestimmungen in den USA.

Künftig sollen zwischen den beiden Staaten Daten von Personen
übermittelt werden können, die unter Verdacht stehen, terroristische
Straftaten begehen zu wollen oder eine "Ausbildung zur Begehung"
solcher Straftaten zu machen. Übermittelt werden sollen Daten wie Name,
Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit und Informationen zur Begründung des
Terrorismusverdachts. Außerdem schafft das Abkommen die Grundlage für
einen automatisierten Austausch von Fingerabdruck- und DNA-Daten.

Schaar hält das Abkommen für bedenklich. In einem Interview
im Deutschlandfunk kritisierte er, durch den Vertrag bekämen die
US-Behörden unter anderem Zugriff auf die Fingerabdrücke der
europäischen Bürger. Dabei könnten auch Informationen über Asylbewerber
und Demonstrationsteilnehmer weitergegeben werden, ohne dass der
Datenschutz ausreichend garantiert sei.

Das Abkommen enthält laut Regierungsmitteilung Regelungen über die
zulässige Verwendung übermittelter Daten und zu ihrer vertraulichen
Behandlung, zur Berichtigung unrichtiger und die Löschung nicht mehr
erforderlicher Daten. Dazu kommen Informationspflichten über die
Weiterverarbeitung. Schaar meint, in den USA gebe es zwar ein
Datenschutzgesetz, aber das gelte nur für US-Bürger und solche
Personen, die sich dort langfristig aufhalten. Es gelte ausdrücklich
nicht für Daten, die aus dem Ausland kommen, insbesondere wenn es sich
um Daten von Reisenden handele oder um sonstige personenbezogene Daten,
die im Ausland erhoben worden seien. "Dementsprechend erheben die
Vereinigten Staaten derzeit sehr massiv gerade Fingerabdruckdaten in
aller Welt, im Irak und auch von Reisenden, die in die USA einreisen,
und werten diese aus und speichern sie auf lange Zeit", sagte Schaar.

Die Fingerabdruckdateien enthielten nicht nur Dateien von
Schwerverbrechern, sondern auch Daten aus allen möglichen Situationen,
bei denen eine erkennungsdienstliche Behandlung durchgeführt wurde,
wendet Schaar weiter ein. "Sämtliche Asylbewerber müssen sich einer
erkennungsdienstlichen Behandlung unterziehen, Visumantragsteller, aber
auch Personen, die ohne Fahrschein aufgegriffen worden sind und deren
Personalien man sicherstellen will oder auch Demonstranten in Gorleben,
die gegen die Atomkraft sind, entsprechend erfasst worden." Auf diese
Informationen könne von Stellen auch außerhalb Europas zugegriffen
werden, ohne dass ein angemessener Datenschutz gewährleistet sei.

Vorbild des Abkommens ist der Vertrag von Prüm
aus dem Jahr 2005 zwischen mehreren EU-Mitgliedstaaten. Hier gewähren
sich die Vertragsstaaten gegenseitig begrenzten Zugriff auf die
"Fundstellendatensätze" ihrer nationalen DNA- und
Fingerabdruckdatenbanken. Diese dürfen automatisiert mit gespeicherten
Fingerabdrücken und DNA-Profilen abgeglichen werden. Falls
Übereinstimmungen festgestellt werden, wollen die USA und Deutschland
die zu dem Fingerabdruck oder DNA-Profil vorhandenen Identitätsdaten
weitergeben. In Bezug auf die DNA-Datensätze handelt es sich laut
Mitteilung um eine "zukunftgerichtete Regelung", da die USA noch die
dafür erforderlichen rechtlichen und technischen Voraussetzungen
schaffen müssen.

Zu den Auseinandersetzungen um die Terrorismus-Bekämpfung, die
erweiterte Anti-Terror-Gesetzgebung, die Anti-Terror-Datei sowie die
Online-Durchsuchung siehe auch:

(anw/c’t)

Source: http://www.heise.de/newsticker/meldung/104863/from/atom10