Zwei asiatische Staaten rüsten bei der Terrorabwehr auf: Während koreanische Zollbehörden Zugriff auf die Fluggastdaten europäischer Fluglinien verlangen, hat Japan die biometrische Erfassung einreisender Ausländer eingeführt. Seit Anfang der Woche müssen Immigranten in dem fernöstlichen Land zwei Fingerabdrücke abgeben, sich fotografieren und ein kurzes "Interview" über sich ergehen lassen. Die Regelung nach US-Vorbild gilt nicht nur für Touristen und Geschäftsleute, sondern auch für in Japan wohnhafte Ausländer. Ausgenommen sind nur einige Gruppen mit Sonderstatus, wie koreanische Staatsbürger, die schon seit Jahrzehnten in Japan leben, oder Kinder unter 16 Jahren. Bürgerrechtler und Datenschützer sind besorgt über die in Kraft getretenen beziehungsweise geplanten Verschärfungen. Barry Steinhardt, Direktor der American Civil Liberties Union (ACLU), etwa warnt: "Es gibt, angeführt von den USA, Bemühungen, die Bewegung von Menschen weltweit zu verfolgen."
Die Maßnahmen sollen in beiden Fällen einen Beitrag zur Bekämpfung des Terrorismus bringen. In Japan werden die erfassten biometrischen Merkmale 70 Jahre lang gespeichert. "Unter bestimmten Bedingungen" sollen sie auch mit Sicherheitsbehörden anderer Länder ausgetauscht werden. Anders als hierzulande, wo die Bürger seit 1. November bei der Beantragung eines elektronischen Reisepasses zwei Fingerabdrücke abgeben müssen und die gleiche Prozedur beim Personalausweis in Vorbereitung ist, wird die erkennungsdienstliche Maßnahme auf Ausländer beschränkt. Von vielen der eigenen Bürger hat das japanische Justizministerium dagegen nicht einmal Lichtbilder. Japaner weisen sich oft nur mit Versicherungskarten aus. Das Regierungsvorhaben, einen Personalausweis mit Foto einzuführen, kassierte das japanische Verfassungsgericht im Jahr 2006.
Auch die biometrische Zwangserfassung von Immigranten stößt auf heftige Proteste. "Seit dem 11. September werden auch in Japan unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung alle möglichen Menschenrechte kaltblütig verletzt", moniert Makoto Teranaka, Generalsekretär von Amnesty International Japan. Dass die Regierung jetzt Ausländer zur Zielscheibe macht, "ist nichts anderes als Rassismus". Der Menschenrechtsverfechter fürchtet, dass sein Land die Daten mit den USA austauscht und mit dem Hinweis auf den internationalen Trend zum Sammeln personenbezogener Informationen den Widerstand der Japaner gegen eine behördliche Registrierung brechen will.
Die USA haben zugleich ihr umstrittenes Einreiseprogramm US-VISIT (United States Visitor and Immigrant Status Indicator Technology) verschärft. Künftig werden zehn statt zwei Finger eingescannt. Den Anfang macht an diesem Donnerstag der Flughafen Washington Dulles. Nach Plänen des US-Heimatschutzministeriums soll die Maßnahme, die alle in die Vereinigten Staaten einreisenden Ausländer betrifft, bis Ende 2008 an allen US-Grenzübergängen eingeführt werden.
Die Regelung zur Einsicht in Flugpassagierdaten durch die koreanischen Behörden soll Anfang Dezember greifen. Von den Informationen aus den Reservierungssystemen der Fluggesellschaften erhofft sich die Regierung in Seoul Erkenntnisse im Kampf gegen Terrorismus und Drogenschmuggel. Laut dem Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar besteht für die Datenübermittlung nach europäischem Recht aber keine rechtliche Verpflichtung. Zudem hätten die Fluggesellschaften auch "keine entsprechende Befugnis". Korea gewährleiste kein angemessenes Datenschutzniveau im Sinne der EU-Datenschutzrichtlinie. Wichtige Fragen, etwa wie die Daten weiterzugeben sind oder welche Rechte die betroffenen Passagiere haben, seien völlig offen.
Schaar hat sich deshalb in seiner Funktion als Vorsitzender der sogenannten "Artikel 29"-Gruppe der europäischen Datenschutzbeauftragten in einem Brief an die portugiesische Ratspräsidentschaft gewandt und Maßnahmen zur Wahrung des Datenschutzes der Flugpassagiere angemahnt. Er wies darauf hin, dass die europäischen Datenschutz-Aufsichtsbehörden die Airlines auffordern würden, dem Verlangen aus Fernost nicht nachzukommen. Korea dürfe kein Präzedenzfall für eine wachsende Anzahl von Ländern werden, die gleichfalls die Nutzung von Passagierdaten für ihre Zwecke erwögen, "aber keine entsprechenden völkerrechtlichen Vereinbarungen mit der EU geschlossen haben". Abkommen zum Austausch von Passenger Name Records (PNR) bestehen derzeit nur zwischen Brüssel und den USA sowie Kanada.
Der Datenschützer erinnerte ferner an eine im September auf einer internationalen Datenschutzkonferenz in Montreal verabschiedete Entschließung, in der die Einführung globaler datenschutzrechtlicher Standards für die Verarbeitung von Passagierdaten gefordert wird. In einer globalisierten Welt müssten auch die Pflichten der Staaten, die PNR nutzen wollen, klar definiert und die Rechte der betroffenen Fluggäste garantiert werden. Zu den Fluggastdaten zählen in der Regel unter anderem Namen, Geburts- und Flugdaten, Kreditkarteninformationen, besondere Essenswünsche, Buchungen für Hotels oder Mietwagen sowie E-Mail-Adressen und Telefonnummern. (Stefan Krempl) /
(pmz/c’t)