Irland will dreijährige Vorratsdatenspeicherung per Verordnung erlassen

Nach einer Mahnung aus Brüssel zur Umsetzung der heftig umstrittenen EU-Richtlinie zur Vorratsspeicherung
von Telefon- und Internetdaten hat es die irische Regierung plötzlich
eilig. Per Verordnung will sie den Telekommunikationsanbietern nun
vorschreiben, dass diese Verbindungs- und Standortdaten drei Jahre lang
verdachtsunabhängig aufbewahren und Sicherheitsbehörden zugänglich
machen. "Innerhalb eines Monats" sollen die Regeln in Kraft treten,
heißt es laut einem Bericht der Irish Times beim federführenden Justizministerium. Das nationale Parlament soll bei dem Erlass kein Mitspracherecht haben.

Die Iren würden so noch mit zu den Vorreitern bei der Umsetzung der
EU-Vorgaben zur Vorratsdatenspeicherung gehören. Vor kurzem war bekannt
geworden, dass im November erst acht von 27 EU-Staaten die Direktive in
nationales Recht gegossen hatten. Zunächst überraschend mag die in
Dublin plötzlich gesehene Dringlichkeit vor allem wirken, da Irland im
Frühsommer 2006 eine bislang noch nicht entschiedene Klage gegen die EU-Richtlinie beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) einlegte.

Die Klage der irischen Regierung richtet sich aber nicht gegen die
pauschale Protokollierung der Nutzerspuren als solche. Vielmehr
monieren die Iren, dass die Annahme der tief in die Bürgerrechte
einschneidenden Überwachungsmaßnahme auf Basis einer falschen
Rechtsgrundlage erfolgte. Demnach hätten nicht die Kommission und das
EU-Parlament das Verfahren vorantreiben dürfen. Vielmehr hätte der
EU-Rat einen Rahmenbeschluss erzielen müssen. Entsprechende Vorstöße
hatte Irland mit vier anderen Mitgliedsstaaten wiederholt gemacht. Sie
waren aber immer wieder daran gescheitert, dass die Minister in dem
Gremium die erforderliche Einstimmigkeit nicht erzielen konnten.

Der aktuelle irische Verordnungsentwurf geht nun ganz im Sinne der
ursprünglichen Zielrichtung der irischen Regierung weit über die
EU-Vorgaben hinaus. So ist in der EU-Richtlinie eine
Höchstspeicherfrist der begehrten Kommunikationsdaten von zwei Jahren
vorgesehen. Die Direktive enthält aber weite Ausnahmeregelungen. Dublin muss demnach nur begründen, wieso eine längere Aufbewahrungsdauer für nötig empfunden wird. Für den Telefonsektor existieren in Irland
bereits im Anti-Terrorismusgesetz erste Auflagen zur dreijährigen
Massendatenlagerung. Strafverfolger können in den Datenbergen ohne
große Schranken schürfen. Die Regelung soll nun auf den Internetbereich
ausgeweitet werden.

Proteste kommen von den Zugangsanbietern und Datenschützern, die
bisher über das Vorhaben im Unklaren gelassen wurden. Paul Durrant,
Chef der Internet Service Providers Association of Ireland (ISPAI),
zeigte sich enttäuscht über das Ausmaß der geplanten Maßnahme. Diese
sollte seiner Ansicht nach zumindest nicht ohne gründliche öffentliche
Debatte einfach so erlassen werden. Auch der Rechtsanwalt Edward
McGarr, der die Bürgerrechtsorganisation Digital Rights Ireland (DRI) bei ihrer Klage beim irischen High Court
gegen die bestehende Vorschrift zur Vorratsspeicherung von Telefondaten
vertritt, pocht zumindest auf ein ordentliches Gesetzgebungsverfahren.
Ein derart umfassendes Vorhaben dürfe nicht übers Knie gebrochen
werden, zumal die Beschwerde gegen Teile davon noch anhängig sei.

Zum aktuellen Stand und der Entwicklung der Debatte um die
erweiterte Anti-Terror-Gesetzgebung, die Anti-Terror-Datei sowie die
Online-Durchsuchung siehe:

(Stefan Krempl) /
(jk/c’t)

Source: http://www.heise.de/newsticker/meldung/102194/from/atom10