[beck] Die Vorbereitung schwerer terroristischer Gewalttaten soll künftig
ebenso wie die Anleitung zur Begehung solcher Taten bestraft werden.
Dies sieht ein Gesetzentwurf vom 21.04.2008 vor, den das
Bundesjustizministerium an die Länder und betroffenen Verbände versandt
hat. Ergänzungsbedarf der aktuellen Rechtslage sieht
Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) insbesondere in Fällen,
in denen kein Bezug zu einer terroristischen Vereinigung besteht, also
einzelne Täter aktiv sind. Auch das Aufnehmen oder Unterhalten von
Beziehungen zu einer terroristischen Organisation soll in Zukunft
strafbar sein, wenn dies in der Absicht geschieht, sich in der Begehung
von Anschlägen unterweisen zu lassen. Sanktionierung der Vorbereitung einer Straftat
In dem geplanten § 89a StGB soll die Vorbereitung einer Gewalttat geahndet werden können. Die bestehenden § 129a StGB§ 129b StGB knüpfen
die Strafbarkeit des Bildens oder Unterstützens einer terroristischen
Vereinigung an die Gefährlichkeit, die von einer (mindestens drei
Mitglieder umfassenden) Gruppe ausgeht. Die Struktur des Terrorismus
habe sich aber im Vergleich zu den 70er Jahren verändert, schreibt das
Justizministerium: «Anders als bei der RAF handelt es sich bei
islamistischen Tätern oftmals um Täter, die ohne feste Einbindung in
eine hierarchisch aufgebaute Gruppe in nur losen Netzwerken oder allein
agieren, so dass die §§ 129a und b StGB auf sie nicht angewendet werden
können.» Der Tatbestand des neu entworfenen § 89a StGB solle die
Vorbereitung einer schweren Gewalttat mit Freiheitsstrafe von sechs
Monaten bis zu zehn Jahren unter Strafe stellen. Er solle auch bei
Einzeltätern die Vorbereitung von Straftaten aus dem terroristischen
Kernbereich, wie sie in § 129a Abs. 1 StGB
aufgeführt sind, unter Strafe stellen, wenn diese Taten bestimmt und
geeignet sind, den Bestand oder die Sicherheit eines Staates oder die
Verfassungsgrundsätze zu beinträchtigen. und
Struktur des neuen § 89a StGB
Im Einzelnen definiert der Entwurf des neuen § 89a StGB abschließend
strafbare Vorbereitungshandlungen. Dazu zählen die Ausbildung und das
Sich-Ausbilden-Lassen, um eine schwere Gewalttat zu begehen, die
Herstellung, das Sich-Verschaffen, Überlassen oder Verwahren von
Waffen, bestimmten Stoffen (zum Beispiel Viren, Giften, radioaktiven
Stoffen, Sprengstoffen) oder besonderen zur Ausführung der
vorbereiteten Tat erforderlichen Vorrichtungen (beispielsweise
von Zündern sowie das Sich-Verschaffen oder Verwahren von
erforderlichen wesentlichen Gegenständen oder «Grundstoffen», um diese
Waffen, Stoffe oder Vorrichtungen herzustellen. Schließlich listet der
Entwurf noch die Finanzierung eines terroristischen Anschlags.
Zielrichtung der Neuregelung
Erfasst werden soll von der Vorschrift zum einen das Verbreiten oder
sich Verschaffen von terroristischen «Anleitungen» beispielsweise über
das Internet. Trotz der von ihnen ausgehenden Gefahr werden solche
Anleitungen nach Ansicht des Bundesjustizministeriums von den bereits
geltenden Strafvorschriften, die das Anleiten zu Straftaten ahnden (§§ 111, 130a
StGB), nicht hinreichend erfasst, da sich die verbreiteten Schriften
oftmals nicht auf eine konkrete Tat beziehen beziehungsweise sich dies
nicht nachweisen lässt. Auch das das Sprengstoff- und Waffenrecht decke
die strafwürdigen Verhaltensweisen nicht ab. Darüber solle nach dem
neuen § 91 StGB ebenso bestraft werden, wer in der Absicht, sich in der
Begehung einer schweren Straftat im Sinne des § 89a Abs. 2 Nr. 1 StGB-E
unterweisen zu lassen, Beziehungen zu einer terroristischen Vereinigung
aufnehme oder unterhalte.
Das Verbreiten und Sich-Verschaffen von terroristischen «Anleitungen»
Der neue § 91 StGB-E erfasse in Absatz 1 das Verbreiten oder das
Anpreisen von terroristischen «Anleitungen» – beispielsweise im
Internet – und bedrohe diese Verhaltensweisen mit bis zu drei Jahren
Haft, wenn die Anleitung nach den Umständen ihrer Verbreitung geeignet
ist, die Bereitschaft anderer zu fördern oder zu wecken, eine schwere
Gewalttat zu begehen. Entscheidende Neuerung in § 91 StGB sei, dass
eine solche Anleitung vom Täter nicht mehr dazu «bestimmt» sein müsse,
eine bestimmte Gefährdung eintreten zu lassen. Dieses
Tatbestandsmerkmal habe den Strafverfolgern in der Vergangenheit die
Arbeit wesentlich erschwert, da es wegen seines subjektiven Gehalts
schwierig nachzuweisen sei. Ebenfalls bestraft werden soll, wer sich
eine solche Anleitung (zum Beispiel durch Herunterladen aus dem
Internet) zur Begehung einer solchen Gewalttat verschafft. Ausgenommen
von der Strafbarkeit sind solche Handlungen, die ausschließlich der
Erfüllung rechtmäßiger beruflicher oder dienstlicher Pflichten oder der
Forschung, Wissenschaft oder Lehre dienen.
Die Aufnahme von Beziehungen zwecks Ausbildung in einem «Terrorcamp»
Der zweite Absatz der Vorschrift soll es nach Auskunft des
Ministeriums ermöglichen, mit strafrechtlichen Mitteln gegen Personen
vorzugehen, die sich beispielsweise in so genannten terroristischen
Ausbildungslagern die zur Begehung einer schweren Gewalttat
erforderlichen Fertigkeiten aneignen wollen. Erfahrungsgemäß gehe dem
Aufenthalt in so genannten Terrorcamps die Vermittlung durch Personen
voraus, die terroristischen Vereinigungen zugerechnet werden könnten.
Die Bundesregierung will hier die zielgerichtete Kontaktaufnahme als
Anknüpfungspunkt der Strafbarkeit nehmen. Wer Beziehungen zu einer
terroristischen Vereinigung mit dem Ziel aufnehme oder unterhalte, sich
in der Begehung einer schweren Gewalttat unterweisen zu lassen,
begründe schon zu diesem Zeitpunkt eine abstrakte Gefahr für Leib oder
Leben potenzieller Opfer, so das Justizministerium. Dies rechtfertige
eine Strafbewehrung eines solchen Verhaltens.
Ergänzende Begleitregelungen im Verfahrensrecht
Ergänzt werden die beiden neuen Tatbestände im Strafgesetzbuch durch
Begleitregelungen. Verfahrensrechtlich sollen die
Strafverfolgungsbehörden zur Verfolgung von Straftaten nach den neuen
§§ 89a, 91 StGB-E auf die Ermittlungsmaßnahmen zurückgreifen können,
die bereits nach geltendem Recht für die Terrorismusbekämpfung zur
Verfügung stehen. Eine Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes solle
dem Generalbundesanwalt die Möglichkeit eröffnen, bei Straftaten nach §
89a StGB-E die Strafverfolgung zu übernehmen, wenn es sich um einen
Fall mit besonderer Bedeutung handele (so genanntes Evokationsrecht).
Änderungen im Aufenthaltsrecht
Ein neuer Regelausweisungstatbestand, der die bisherigen
Regelausweisungstatbestände im Hinblick auf die Zielrichtung des neuen
§ 89a StGB-E ergänze, solle eingeführt werden, teilte das
Bundesjustitministerium abschließend mit. So könnten bei Bekanntwerden
von tatsächlichen Anhaltspunkten für die Vorbereitung von schweren
Gewalttaten regelmäßig aufenthaltsbeendende Maßnahmen getroffen werden:
Es solle die Ausweisung mit der Wirkung eines Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 S. 1
des Aufenthaltsgesetzes geben. Ausländer, die schwere Gewalttaten im
Ausland vorbereiteten, um anschließend in die Bundesrepublik
Deutschland weiterzureisen, sollten nach Möglichkeit bereits an der
Einreise gehindert werden. So solle eine Einreiseverweigerung (§ 11 Abs. 1 S. 1 des Aufenthaltsgesetzes) möglich sein, ebenso eine Zurückweisung an der Grenze (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 des Aufenthaltsgesetzes).
Source: http://rsw.beck.de