Sie fliegen Missionen in Afghanistan und jagen Rebellen im Irak. Doch in ihrem Cockpit sitzt kein Pilot. Das Pentagon setzt nun noch mehr auf ferngelenkte Fluggeräte.
[die presse] Der ehemalige Kampfpilot kommt aus dem Schwärmen nicht heraus: „Es ist alles so einfach. Unser Pilot steht in der Früh auf, trinkt seinen Kaffee, küsst seine Frau, fährt von seinem Haus in Kalifornien zum nächsten Luftwaffenstützpunkt, schaltet den Computer ein – und fliegt Einsätze gegen Terroristen in Afghanistan oder im Irak.“Was Rick Ludwig Wigs beschreibt, ist keineswegs Science Fiction sondern modernste Militärtechnik. UAVs nennen die US-Streitkräfte ihre Errungenschaft, „Unmanned Aerial Vehicles“ – unbemannte Fluggeräte. Es gibt sie in verschiedensten Ausführungen für verschiedenste Missionen: Sie sammeln Informationen, fliegen Patrouille oder schießen mit Lenkwaffen. Eines ist allen UAVs gemeinsam: Im Cockpit sitzt ein Computersystem und kein Pilot.
5000 unbemannte Fluggeräte (auf Deutsch auch: „Drohnen“) haben die USA derzeit in ihrem Arsenal. Und geht es nach Verteidigungsminister Robert Gates soll die Zahl weiter steigen. „Wir brauchen mehr von diesen Geräten“, forderte Gates jüngst in einer Rede auf der Maxwell Airforce Base in Alabama. „Unbemannte Fluggeräte sind die ideale Plattform für die neuen Herausforderungen.“
Neuer Milliardenauftrag
Als der Krieg in Vietnam tobte, lag die Führung des Luftkriegs noch fast ausschließlich in den Händen von Piloten. Und Rick Ludwig Wigs, der heute von „Unmanned Aerial Vehicles“ schwärmt, war einer von ihnen. Damals kämpfte er als Jet-Pilot für die Navy. Heute arbeitet er für Northrop Grumman, einen der größten US-Rüstungskonzerne. Am Mittwoch hat Northrop Grumman einen Auftrag in Höhe von 1,16 Milliarden US-Dollar an Land gezogen. Es geht dabei um die Modernisierung unbemannter Aufklärungsflugzeuge vom Typ „Global Hawk“.
Auf den „Global Hawk“ ist man bei Northrop Grumman besonders stolz. „Er kann 35 Stunden lang ununterbrochen fliegen“, meint Wigs. „Bei einem bemannten Flugzeug wäre das schwierig, da die Piloten müde werden.“ Mit einer Flügelspannweite von gut 35 Metern und einer Länge von mehr als 13 Metern gehört der „Global Hawk“ zu den größten UAVs. Geräte dieses Typs fliegen weltweit Aufklärungsmissionen, oft in einer Höhe von fast 20 Kilometern.
Gesteuert werden sie dabei von den USA aus, etwa von der Beale Airforce Base in Kalifornien. Die Soldaten, die in Beale hinter den Computerbildschirmen sitzen, müssen den „Global Hawk“ aber nicht lenken wie ein ferngesteuertes Modellflugzeug: Sie geben nur die Zielkoordinaten ein und Befehle wie Starten, Landen oder Rückkehr zur Basis. Das Gerät führt diese Anweisungen dann autonom aus, das Fliegen selbst übernimmt der Bordcomputer.
Der „Global Hawk“ wurde bisher für Aufklärungsmissionen verwendet. Er lieferte die Informationen, die Bomben warfen dann Flugzeuge ab, in denen Piloten den Auslöser drückten. Doch die US-Militärs wollen in Zukunft auch ferngelenkte Langstreckenflugzeuge bewaffnen.
UAVs, die nur kürzere Strecken fliegen, sind es bereits – etwa der „Predator“. Er sieht aus wie der kleine Bruder des „Global Hawk“ und wird von der US-Firma „General Atomics Aeronautical Systems“ erzeugt. Bereits 2002 schoss ein „Predator“ in Afghanistan „Hellfire“-Raketen auf einen Autokonvoi, in dem al-Qaida-Chef Osama bin Laden vermutet wurde. Mehrere Menschen starben, Bin Laden war nicht darunter. Seither führten „Predator“-Drohnen zahlreiche gezielte Angriffe durch – im Jemen, in Afghanistan, im Irak.
Im Zweistromland setzen die Amerikaner UAVs ein, um Untergrundkämpfer aufzuspüren, die Sprengfallen neben Straßen verstecken. Vor allem an Kampfschauplätzen wie Irak und Afghanistan will Verteidigungsminister Gates noch mehr unbemannte Fluggeräte zum Einsatz bringen als bisher. Die Präferenzen des Pentagon stoßen in der Militärführung nicht nur auf Zustimmung. Viele setzen lieber nach wie vor auf Jets, in denen ein Mensch den Steuerknüppel in der Hand hält – etwa auf das hochmoderne Jagdflugzeug F-22 „Raptor“. Das sorgte zuletzt für Diskussionen mit Gates, der lieber weniger von den teuren Jets anschaffen würde, um mehr Geld für unbemannte Fluggeräte zur Verfügung zu haben.
„Niemand wird getötet“
Für den Northrop-Grumman-Mitarbeiter Wigs liegt jedenfalls die Zukunft klar bei den UAVs: „Wir können dann Flugzeuge konstruieren, die Manöver fliegen, die ein Pilot gar nicht aushalten würde. Und wenn eines davon abgeschossen wird, wird niemand getötet.“
Und noch einen „Vorteil“ haben die unbemannten Fluggeräte für die Militärs: Der Mensch vor dem Bildschirm braucht nur den Befehl „Angriff“ eintippen. Den Rest erledigt das Gerät. Das Töten ist damit noch einfacher geworden.
Source: http://diepresse.com