Aktionstag 6. Juni, Warschau/Polen
[frontexwatch] Transnationaler Widerstand gegen die “Europäische Grenzagentur” — Grenzregime bekämpfen — für globale Bewegungsfreiheit!
Pressekonferenz und Protest-Belagerung vor dem FRONTEX-Hauptquartier in Warschau. Gegen das europäische Grenzregime und seine Vorverlagerung nach Osten und Süden, im Rahmen der transnationalen migrationsbezogenen Aktionskette.
Während überall die Zahl der Migrant_innen und Flüchtlinge steigt, schafft sich die Europäische Union ein immer restriktiveres Grenzregime, um Migration nach ihren eigenen Interessen zu begrenzen, zu kontrollieren und zu “managen”. Das Ergebnis ist gewaltsamer Ausschluss von Migrant_innen und Flüchtlingen: Tausende Menschen sterben jedes Jahr vor den Mauern der Festung Europa, in der Wüste, im Mittelmeer oder im Atlantik. Massenhafte Abschiebungen werden forciert. Millionen Menschen sind als illegalisierte Migrant_innen und Asylsuchende ihrer fundamentalen Menschenrechte und Arbeiter_innenrechte beraubt. FRONTEX, die “Europäische Grenzagentur” spielt eine verhängnisvolle Schlüsselrolle in diesem rassistischen europäischen Grenzregime und hat seit ihrer Gründung 2005 rasch wachsende Bedeutung und Geldmittel erlangt.
Die Aufgabe von FRONTEX ist es, die Arbeit der nationalen Grenzkontrollkräfte der EU- Mitgliedstaaten zu verknüpfen, zu koordinieren und aufeinander abzustimmen, was Verantwortlichkeiten von Polizeikräften, Militär und Geheimdiensten einbezieht. FRONTEX bekommt weitgehend freie Hand, um immer mehr Macht ausüben, ohne an verbindliche Kriterien von Transparenz und parlamentarischer Kontrolle gebunden zu sein. FRONTEX-Beamt_innen betreiben gemeinsam mit nationalen Grenzschutzbehörden eine steigende Zahl von Anti-Migrations-Operationen. Laut EU-Kommission war FRONTEX 2006 und 2007 beim Aufgreifen und Zurückweisen von 53000 Menschen entlang der EU-Grenzen beteiligt. 2006 führte FRONTEX Operationen außerhalb des EU-Territoriums durch, um afrikanische Migrant_innen daran zu hindern, mit Booten nach Lampedusa, Malta und auf die kanarischen Inseln zu gelangen. Zu diesem Zweck produziert FRONTEX das Bild eines Krieges gegen die Bedrohung “illegaler Einwanderung” und legitimiert damit den Einsatz von militärischer Ausrüstung, wie Kriegsschiffe, Flugzeuge und Helikopter. Als ersten Schritt zur effektiveren Abriegelung der südlichen Seegrenzen der EU hat FRONTEX die EU-Staaten in dieser Region in einem “European Patrols Network” vernetzt, außerdem betreibt FRONTEX verschiedene gemeinschaftliche Operationen mit dem Ziel der Errichtung eines einheitlichen europäischen Grenzregimes. Mit der kürzlich hinzugekommenen Komponente der sogenannten “schnellen Grenz-Interventionsteams (Rapid Border Intervention Teams / RABITs)” entwickelt FRONTEX sich rasch in Richtung einer militarisierten Grenzüberwachungsagentur, einer tragenden Säule der Festung Europa.
Es liegt auf der Hand, die Grenzkontrolloperationen und -maßnahmen sind verantwortlich für den Tod von immer mehr Migrant_innen. Das Bekämpfen von Migration beseitigt nicht die Gründe für Migration, sondern zwingt Flüchtlinge und Migrant_innen dazu, immer gefährlichere Reiserouten zu wählen. Nichtsdestotrotz verkaufen FRONTEX und Partnerinstitutionen ihre Jagd auf Migrant_innen als “humanitären Einsatz gegen kriminellen Menschenschmuggel”.
Ein wachsender Fokus von FRONTEX seit der Erweiterung des Schengenraumes ist die Kontrolle der Ostgrenzen. Zu den Tätigkeitsbereichen von FRONTEX gehören auch Forschung über “illegale Migration”, technische Ausstattung für die Grenzüberwachung und Trainingsprogramme für Grenzpolizeikräfte. Darüber hinaus hat FRONTEX das Mandat für Verhandlungen mit Staaten außerhalb der EU über die Zusammenarbeit in der Grenzüberwachung und Migrationskontrolle erhalten. Daneben engagiert sich FRONTEX zunehmend dafür, nationale Behörden der EU-Staaten bei der Durchführung gemeinsamer Charterflug-Abschiebungen zu vernetzen.
Kürzlich präsentierte die EU-Kommission den Vorschlag eines sogenannten “Grenzpaketes” unter dem Titel “Umfassende Vision für ein integriertes System des europäischen Grenzmanagements für das 21. Jahrhundert”. Nach diesem Plan soll FRONTEX als zentrale Koordinationsschnittstelle in der Architektur eines nie dagewesenen europäischen Grenzregimes funktionieren. Ein allumfassendes “Europäisches Grenzüberwachungssystem (EUROSUR)” soll Migrant_innen vom Beginn ihrer Reise nach Europa an ausspionieren, während ein biometrisches Ein- und Austrittssystem an den EU-Grenzen alle Bewegungen der Ein- und Ausreise kontrollieren wird. Bei all diesen Plänen steht FRONTEX im Zentrum.
FRONTEX repräsentiert ein militarisiertes Sicherheitsregime, in dem Polizei, Grenzkontrolle, Migrationsbehörden, Armee und Geheimdienste einen zunehmend integrierten Komplex der Repression bilden, der die Welt entlang der Hierarchien zwischen reich und arm, zwischen (West)europa und “den Anderen”, zwischen denen, die mehr, weniger oder gar keine Rechte haben, auseinanderteilt. Wir haben genug von dieser sogenannten Sicherheit. Wir haben genug davon, dass Menschen durch das Grenzregime getötet werden, genug davon, dass Menschen abgewiesen, eingeknastet und abgeschoben werden. Wir wollen keinerlei Migrationskontrolle und keinerlei Grenzüberwachung. Wir wollen keine Hierarchien der kapitalistischen, rassistischen und sexistischen Ausbeutungsverhältnisse und Ausschlüsse. Wir wollen globale Bewegungsfreiheit und globale Rechte für alle!
Migrationsbezogene Gruppen und Netzwerke aus ganz Europa sind eingeladen, Delegierte nach Warschau zu schicken:
- Am 5. Juni, 19 Uhr, zu einer Konferenz gegen das Grenzregime.
- Am 6. Juni um 12 Uhr 30 zur Pressekonferenz und um 14 Uhr zur Protest-Belagerung mit Transparenten und Reden vor dem Gebäude des FRONTEX-Hauptquartiers (Rondo Onz 1).
Machen wir den 6. Juni in Warschau zum powervollen Auftakt einer langfristigen transnationalen Kampagne gegen FRONTEX, gegen das Monster des europäischen Grenzregimes!
Erstunterzeichner_innen:
No Borders Polen; Zwiazek Syndykalistow Polski, Warszawa (Syndikalistische Union, Warschau); Anarchistische Gruppe Praga, Warschau; borderline-europe – Menschenrechte ohne Grenzen, Potsdam; Polen-AG, Berlin; Kein Mensch ist Illegal, Hanau; Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und Migrant_innen, München; Informationsstelle Militarisierung, Tübingen; Frassanito-Netzwerk
Kontakt: frassainfo@kein.org
Source: http://frontex.antira.info/2008/05/03/aufruf-zum-6-juni