[heise.de] Die Haushaltskommission der italienischen Abgeordnetenkammer
hat einen Gesetzesentwurf beschlossen, wonach von 2010 an zwei
Fingerabdrücke in biometrische Personalausweise aufgenommen werden
sollen. Dies berichten Medien aus Südtirol und Österreich
übereinstimmend. Das parlamentarische Gremium hat demnach am
Dienstagabend einen entsprechenden Vorstoß der italienischen Regierung
unter Ministerpräsident Silvio Berlusconi und seinem konservativen
Bündnis mit großer Mehrheit befürwortet. Die Gültigkeit der Ausweise
soll zugleich auf zehn Jahre verlängert werden.
Die geplante Neuregelung, die noch vom Plenum der Abgeordnetenkammer
verabschiedet werden muss, erhielt auch die Stimmen der
Mitte-Links-Vereinigung Partito Democratico,
der größten Oppositionspartei. Eine breite Mehrheit scheint dem Projekt
daher sicher zu sein. Die Abgeordneten und die Regierung reagierten mit
dem Vorstoß auch auf die Kritik an der umstrittenen zentralen Erfassung
von Fingerabdrücken der im Land lebenden Roma etwa aus dem
EU-Parlament. Der italienische Verteidigungsminister
Ignazio La Russa von der rechten Partei Alleanza Nazionale begründete
die Gesetzesinitiative gegenüber der römischen Tageszeitung Il Messaggero jedenfalls mit dem Argument: "Auf diese Weise wird man uns nicht mehr des Rassismus bezichtigen können." Die Resolution des EU-Parlaments,
in der die Erfassung von Fingerabdrücken von Roma als diskriminierend
bezeichnet wird, kritisierte der Minister als "politische Propaganda".
Es gehe dabei darum, die Identität der vielen in illegalen
Behelfssiedlungen lebenden minderjährigen Roma festzustellen.
Hierzulande will die große Koalition gemäß einer Absprache zwischen Bundesjustizministerium und Innenressort zunächst eine freiwillige Möglichkeit
zur Abgabe und Speicherung zweier Fingerabdrücke auf einem kontaktlos
auslesbaren Chip im geplanten neuen elektronischen Personalausweis
gesetzlich verankern. Auch SPD-Innenpolitiker sind sich aber bewusst,
dass mit dieser technischen Anlage auf kurz oder lang aus der
Freiwilligkeit eine Pflicht werden dürfte. Zudem müssen Anwärter für
einen Biometrie-Reisepass der zweiten Generation bereits zwei Fingerabdrücke abliefern.
Trotzdem hält der Innenexperte der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Hans-Peter Uhl, auf der Plattform Abgeordnetenwatch
fest: "In Deutschland werden Fingerabdrücke bei Straftätern und
Verdächtigen erhoben, im Bereich des Ausländerrechts lediglich bei
Asylbewerbern und illegalen Einwanderern, sofern sie das 14. Lebensjahr
vollendet haben." Eine verdachtsunabhängige Erfassung der sensiblen
biometrischen Merkmale differenziert nach ethnischen Gruppen finde
"selbstverständlich nicht statt". Dies komme weder für Deutschland noch
für ein anderes EU-Land in Betracht, hält der CSU-Politiker der
italienischen Regierung entgegen, "weil es im hohen Maß diskriminierend
und menschenrechtswidrig wäre". Auch wenn einzelne ethnische Gruppen
überproportional in der Tatverdächtigenstatistik vertreten seien,
rechtfertige dies nicht den Umkehrschluss, dass alle Angehörigen dieser
Gruppe als Verdächtige behandelt werden müssten. "Es gilt im Einzelnen
immer die Unschuldsvermutung." (Stefan Krempl) /
(pmz/c’t)