Bundeskabinett verabschiedet Gesetz zum biometrischen Personalausweis

[heise.de] Die Bundesregierung hat in ihrer Kabinettssitzung am heutigen Mittwoch den umstrittenen Entwurf für die Novelle des Personalausweisgesetzes beschlossen. Gemäß dem Vorhaben und dem bislang allein vorliegenden Grobkonzept zur Umsetzung
soll der elektronische, mit einem kontaktlos auslesbaren RFID-Chip
ausgerüstete Personalausweis künftig ein digitales Lichtbild sowie eine
Reihe freiwilliger Zusatzfunktionen enthalten. So können sich die
Bürger etwa dafür entscheiden, auch zwei Fingerabdrücke mit aufnehmen
zu lassen. Dazu riet Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble
vorab allen Reisenden, die den Perso außerhalb des Schengen-Raums als
Passersatz nutzen wollen. Der CDU-Politiker ließ aber offen, wie viele
Länder einen biometrischen Ausweis statt Pass überhaupt akzeptieren.

Darüber hinaus kann sich der Antragsteller für eine Freischaltung
eines Zertifikats für eine einfache elektronische Signatur zur
Identifizierung gegenüber Behörden und Unternehmen übers Internet
entscheiden. Das Aufspielen eines weiteren Zertifikats für eine
qualifizierte digitale "Unterschrift" gemäß Signaturgesetz soll dagegen
extra kosten. Über die Gebühren für den "einfachen" elektronischen
Ausweis im neuen Scheckkartenformat ohne diese gesonderte Anwendung
kann das Bundeskabinett noch keine Angaben machen. Sie sollen aber
unter denen für den biometrischen Reisepass liegen, der mit 59 Euro zu
Buche schlägt.

Laut Schäuble gehört mit dem E-Perso die Zeit, in der elektronische
Formulare zwar am PC ausgefüllt, aber am Ende doch manuell
unterschrieben und versandt werden müssten, der Vergangenheit an: "Der
elektronische Ausweis spart damit allen Beteiligten Papier, Druck-,
Porto-, Transportkosten und vor allem Zeit", erklärte der Minister nach
dem Kabinettsbeschluss. Das neue Dokument mache den elektronischen
Geschäftsverkehr sicherer und einfacher für Bürger, Wirtschaft und
Verwaltung und habe ein "enormes Einsparpotenzial" an Bürokratiekosten.
Ein Anbieter, der den elektronischen Identitätsnachweis als
"vertrauendwürdige Infrastruktur" in seine Dienste einbinden wolle,
müsse vorher bei einer staatlichen Stelle ein Berechtigungszertifikat
beantragen.

Schäuble rechnet nach dem erzielten Kompromiss mit der SPD
zur zunächst freiwilligen Abgabe von Fingerabdrücken damit, dass im
parlamentarischen Raum eine zügige Verabschiedung des Entwurfs bis
spätestens Anfang 2009 möglich ist. Der neue Ausweis könne dann vom 1.
November 2010 an ausgegeben werden, nachdem vorab noch Tests
durchgeführt und Anwendungen für den "Internetausweis" wie etwa die
Eröffnung eines Bankkontos durch ein rein elektronisches
Antragverfahren gemeinsam mit Branchenverbänden vorbereitet worden
seien. Einen späteren Zwang zur Erfassung von Fingerabdrücken schloss
Schäuble nicht aus, wenn es eine entsprechende EU-weite Regelung gäbe.

Die Opposition sieht das Konzept sehr kritisch. Die innenpolitische
Sprecherin der Grünen im Bundestag, Silke Stokar, warnte die Bürger vor
einer "gefährlichen Gutgläubigkeit". Sie sagte der Braunschweiger Zeitung,
der neue Ausweis bringe keinen Sicherheitsgewinn, aber eine Reihe von
Risiken und Gefahren. Besonders bedenklich findet die Grüne die
vorgesehene freiwillige Speicherung des Fingerabdrucks, vor allem mit
Blick auf Missbrauchsmöglichkeiten im Ausland. "Der Fingerabdruck hat
im Personalausweis nichts zu suchen", meint auch der Innenexperte der
Linken, Jan Korte. Er hege den Verdacht, dass die Fingerabdruckdaten
eines Tages doch noch zentral gespeichert werden könnten.

Die innenpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Gisela Piltz,
warnte vor einer "Zwei- Klassen-Gesellschaft" durch die Aufnahme von
Fingerabdrücken: "Diejenigen, die ihren Fingerabdruck abgeben und
unverdächtig sind und diejenigen, die das nicht tun und verdächtig
erscheinen". Die Liberale sprach von einem "sanften Einstieg in die
biometrische Totalerfassung der gesamten Bevölkerung". Dabei seien die
deutschen Ausweisdokumente bereits ohne Fingerabdrücke die
"fälschungssichersten in der Welt".

Der neue Ausweis ist weiterhin für alle Deutschen über 16 Jahren
Pflicht, wenn sie sich nicht per Reisepass ausweisen können. Das
Dokument soll wie das alte eine Gültigkeit von zehn Jahren haben. Die
zum Einsatz kommenden kryptographischen Verfahren seien vom Bundesamt
für Sicherheit in der Informationstechnik entsprechend robust
ausgewählt worden, heißt es dazu im Innenministerium. Geplant ist eine
rund um die Uhr erreichbare Telefon-Hotline, damit Bürger bei einem
Verlust oder Diebstahl die PIN für die Signaturfunktionen sperren
lassen können. Fürs Ummelden ist ein Gang zum Amt weiterhin
erforderlich. Wohnortwechsel werden zum einen elektronisch auf dem Chip
vermerkt. Zum anderen wird die neue Adresse im Personalausweis wie
bisher ganz traditionell überklebt.

Siehe dazu auch:

(Stefan Krempl) /
(jk/c’t)

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