Kyc, Peps und Geldwäscher

geldwäscheNach dem neuen Geldwäschegesetz sollen Banken künftig mit Datenverarbeitungssystemen Geldwäscher herausfischen

[telepolis.de] Banken sollen künftig mit Datenverarbeitungssystemen Geldwäscher erkennen. Dies schreibt ein neues Gesetz vor mit dem sperrigen Namen Geldwäschebekämpfungsergänzungsgesetz und der noch sperrigeren Abkürzung GwBekErgG. Es wurde jetzt vom Bundestag angenommen und soll die 3. EU-Geldwäscherichtlinie vom 26.10.2005 umsetzen.

Der Pater von Lourdes soll es getan haben. Der Kunstmäzen Alberto Vilar ebenso und der frühere brasilianische Verein des Werder-Spielers Corinthians Sao Paolo; die Bank Austria sowieso. Die Rede ist von Geldwäsche. Sie sind alle prominent, und so gerieten sie ins Visier von Finanzfahndern.

Sollte sich bestätigen, dass Chiles Ex-Diktator Augusto Pinochet und andere südamerikanische Potentaten in Österreich Geld gewaschen haben, würde dies dem gängigen Klischee entsprechen. "Doch wer weiß schon, dass durch das neue Geldwäschebekämpfungsgesetz so ziemlich jeder in den Verdacht geraten kann?" fragt Thilo Weichert vom Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz (ULD). Er warnt: "Erfahrungen aus dem Bankbereich zeigen, dass es in einem großen Maße zu Falschverdächtigungen kommt, die oft nur mühselig wieder gerade gerückt werden können." Verschärfend kommt jetzt hinzu, dass § 11 und § 13 geradezu zu Verdächtigungen aufrufen.

Wie allerdings die Computer Geldwäscher von ehrlichen Kunden unterscheiden soll, das verrät das Gesetz nicht. § 25 c, der die neuen Systeme vorschreibt, spricht nur vom "öffentlich verfügbaren Erfahrungswissen" über Methoden, die als "zweifelhaft oder ungewöhnlich anzusehen sind."

Zweifelhaft findet die FDP hingegen das Gesetz und stimmte deshalb dagegen. Immerhin machten die Abgeordneten sich selbst zu potentiellen Geldwäschern. Laut Gesetz gelten nämlich alle "politisch exponierte Personen", sogenannte PEPs, per se als der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung verdächtig. Nur weil sie Abgeordnete des Deutschen Bundestags sind. Das findet die Innenpolitische Sprecherin der FDP, Gisela Piltz, "unerhört und vollkommen inakzeptabel."

Auf Anfrage erklärt die Politikerin: "Was für eine absurde, ja was für eine nachgerade groteske Vorstellung, dass seitens der Banken nun aus den Klatschblättern der ganzen Welt die Storys über die Geliebten der Politiker sorgsam zu den Akten genommen werden müssen." Denn nicht nur die Politiker stehen ab jetzt unter Geldwäscheverdacht, sondern alle, die ihnen nahe stehen. Das sind im Zweifel alle, die sich im Ortsverein treffen. Wer genau dazu gehört, will Piltz wissen: "Die Ehefrau? Die Geliebte? Der Hausfreund?"

Banken sollen nämlich in Zukunft alles über die Kunden wissen – kyc nennt sich das verharmlosend: know your customer. Nur für einen gibt es eine Ausnahmeregel: Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble. Laut neuem Gesetz kann er nämlich bestimmen, für wen das Gesetz gelten soll und für wen nicht. Es ist ein Ermächtigungsgesetz und heißt auch so. Das Bundesinnenministerium kann festlegen, nach welchen Kriterien die Datenverarbeitung jemanden als potentiellen Geldwäscher aussondert und wen nicht. Denn nähme man das Gesetz wörtlich, wäre fast jeder betroffen: Wer z.B. gewerblich mit Gütern handelt, ist dem GwBekErgG zufolge bereits der Geldwäsche verdächtig. Das kann auch Handel über eBay sein.

Zwölf Berufsgruppen sollen künftig besonders misstrauisch sein und im Zweifel das Bundeskriminalamt einschalten: Nicht nur Banken, sondern sogar Rechtsanwälte, Steuerberater, Versicherungen und Leasinggesellschaften sind dazu künftig gesetzlich verpflichtet, um sich nicht selbst strafbar zu machen. Besteht erst einmal Verdacht, dürfen Transaktionen erst ausgeführt werden, wenn ein Staatsanwalt dies erlaubt hat. Meldet der sich nicht, weil er z.B. im Urlaub ist, darf das Geschäft erst nach zwei Tagen abgewickelt werden.

Katastrophal, findet das Ulla Jelpke von der Linken. Ihre Kritik ist identisch mit der von Finanzexperten, die das Gesetz als »absolut lebensfremd« kritisieren. Schließlich müsste man nun fragen, wer der letztendlich Begünstigte einer Transaktion ist. Nach Definition des Gesetzes müsste der Mitarbeiter im Prinzip alle Beteiligungen an der Firma, für die das Geld ist, wissen, um der Nachfrage der Bank nachzukommen. Das weiß er oder sie natürlich nicht, und das würde bei strenger Auslegung der Vorschrift dazu führen, dass die Transaktion nicht zustande kommt. Und wie soll ein Tourist, der am Flughafen viel Bargeld dabei hat, beweisen, dass er etwas nicht getan hat, nämlich dass er kein Geld gewaschen hat.

Das Gesetz verpflichtet künftig Banken und Vertreter der weiteren elf Berufe, sämtliche Bankverbindungen und Details über die Geschäftspartner zu erfassen, zu kontrollieren und zu speichern. Damit aber wären solche Ermittlungen (nicht nur von Bankverbindungsdaten), wie sie Control Risks durchgeführt haben soll, nicht nur legitimiert, sondern qua Gesetz ab jetzt geradezu vorgeschrieben. Zumal das Gesetz explizit ermöglicht, dass die Banken und die anderen Berufe solche Ermittlungen an Dritte vergeben dürfen.

§ 9 verpflichtet außerdem dazu, Mitarbeiter zu überwachen. Da das Gesetz ausdrücklich Rechtsanwälte umfasst, sind auch ausgerechnet Rechtsanwälte zu Überwachungsmaßnahmen verpflichtet. Dies aber wäre ein Grundgesetzverstoß; immerhin sind Rechtsanwälte als besonders geschützte Berufsgruppe eigentlich vom Lauschangriff ausgenommen.

Solche Kritik hat Frank Hofmann nicht. Er kommt vom Bundeskriminalamt (BKA) und ist für die SPD im Bundestag. Er befürwortet das Gesetz. Aber selbst er hat Kritik: "Es ist sehr unbefriedigend, wenn der nationale Gesetzgeber, also der Deutsche Bundestag, keinen eigenen Entscheidungsspielraum hat, sondern auf die Rolle eines Notars herabsinkt, der die Vorgaben aus Brüssel in nationales Recht umsetzen soll." Und die sehen sogar vor, dass die Daten an Nachrichtendienste weitergegeben werden. Qua neuem Geldwäschegesetz werden jetzt also Banken, Steuerberater, Versicherungen, Rechtsanwälte und andere verpflichtet, nicht nur Mitarbeiter, sondern auch Klienten zu überprüfen, kontrollieren, die Daten zu speichern, bei Verdacht dem BKA zu melden und die Daten an Nachrichtendienste zu übermitteln. Wie dies mit deutschen Gesetzen in Einklang zu bringen sein soll, wird erst noch zu prüfen sein.

Source: http://www.telepolis.de