Bundesanwalt: Foltergeständnisse sind nicht tabu

griesbaum[an-online.de] Unter Folter erzwungene Aussagen ausländischer Häftlinge sollten nach Ansicht des stellvertretenden Generalbundesanwalts Rainer Griesbaum in Einzelfällen für weitere Ermittlungen benutzt werden können.

Zwar dürften Erkenntnisse, die unter Verstoß gegen das Folterverbot oder gegen andere grundlegende Rechte gewonnen würden, vor Gericht nicht verwertet werden, sagte Griesbaum am Mittwoch beim 67. Deutschen Juristentag in Erfurt. Ein Verwertungsverbot für solche Beweise folge bereits aus dem UN-Anti-Folter-Übereinkommen. Allerdings müssten rechtswidrig erlangte Informationen im Einzelfall verwendbar sein, um beispielsweise Ermittlungen wegen eines bevorstehenden Anschlags einzuleiten.

Damit wandte sich Griesbaum, Leiter der Abteilung Terrorismus in der Bundesanwaltschaft, gegen die Ansicht, die «Früchte vom verbotenen Baum» müssten dem Zugriff der deutschen Ermittler generell entzogen sein. Nach seinen Worten ist es eine Frage der Verhältnismäßigkeit, inwieweit im konkreten Fall auf solche Quellen zurückgegriffen werden darf. Dabei müsse einerseits das Gewicht des Verstoßes gegen Verfahrensvorschriften, andererseits aber auch die Schwere der aufzuklärenden Straftat in die Abwägung einbezogen werden. Wenn die Informationen danach verwendbar seien, sollten die Ermittler darauf auch «strafprozessuale Zwangsmaßnahmen» – beispielsweise Hausdurchsuchungen oder Telefonüberwachungen – stützen können, forderte der Bundesanwalt.

Griesbaum begründete seinen Ansatz mit dem globalen Charakter der Terrorbekämpfung. «Der Rückgriff auf durch ausländische Strafverfolgungsorgane erzielte Beweisergebnisse und – noch weit häufiger – auf durch ausländische Nachrichtendienste zur Verfügung gestellte Informationen bildet inzwischen den Regelfall», sagte er in seinem Referat in der Abteilung Strafrecht der Tagung. Deshalb dürften Informationen aus fragwürdigen ausländischen Quellen nicht pauschal als «unrettbar bemakelt» verworfen werden. Einem sogenannten Feindstrafrecht – also einer Absenkung rechtlicher Standards für Terroristen – erteilte Griesbaum allerdings eine klare Absage. Gerade bei der Bekämpfung des Terrorismus müsse die Justiz in einem «streng justizförmigen Verfahren» die Wahrheit erforschen.

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