[spiegel.de] Die von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) geplante
gemeinsame Abhörzentrale wichtiger deutscher Sicherheitsbehörden steht
grundsätzlich in Frage. In einer vertraulichen Stellungnahme hat der
Bundesrechnungshof das Vorhaben scharf kritisiert und empfohlen,
"alternative Lösungen" zu prüfen. Schäuble und sein Staatssekretär
August Hanning wollen beim Bundesverwaltungsamt (BVA) in Köln ein
gemeinsames Abhörzentrum für das Bundeskriminalamt (BKA), das Bundesamt
für Verfassungsschutz (BfV) und die Bundespolizei aufbauen. Die Technik
soll in einem "Servicezentrum" zusammengefasst werden, daneben soll ein
"Kompetenzzentrum" entstehen, eine Art Denkfabrik für
Telekommunikationsüberwachung. Die Rechnungsprüfer monieren in ihrem
Bericht vom 18. September, das BVA habe "im Auftrage des
Bundesinnenministeriums" bei der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung die
Parameter "so lange geändert, bis sich das gewünschte Ergebnis
zugunsten des Bündelungsmodells errechnen ließ". Die Prüfer kommen für
den Zeitraum bis 2015 auf Ausgaben von insgesamt 132,4 Millionen Euro
gegenüber 126,2 Millionen bei der bisherigen, dezentralen Organisation
der Abhörtechnik. Nach ihren Berechnungen ergäben sich deshalb
finanziell "keine Vorteile", so die Rechnungsprüfer. Zudem sei die Wahl
des BVA als Heimat des Kompetenzzentrums "nicht nachvollziehbar", da
das Amt "nicht über praktische bzw. fachliche Erfahrungen" verfüge. Der
Rechnungshof empfiehlt deshalb, "die Bündelung der
Telekommunikationsüberwachung im BVA zu überdenken", und schlägt ein
"Zwei-Säulen- Modell" vor: ein gemeinsames Rechenzentrum der Polizeien
beim BKA und ein Rechenzentrum für die Verfassungsschützer aus Bund und
Ländern beim BfV in Köln. Das Bundesinnenministerium hält hingegen an
den Plänen fest und will mit einem Gegenbericht dafür werben. Demnächst
muss das für die Freigabe der Finanzmittel zuständige Vertrauensgremium
des Bundestages über das Vorhaben entscheiden.
Source: http://www.spiegel.de/spiegel/vorab/0,1518,580841,00.html