EU-Chefs segnen Migrationspakt ab

Gemeinsames Asylsystem und dichte Grenzen.

[wienerzeitung.at] Brüssel.
Rund acht Millionen Menschen halten sich illegal in der EU auf,
tausende sterben jedes Jahr beim Versuch die Union per Seeweg zu
erreichen. Diesen Zuständen wollte der französische Präsident Nicolas
Sarkozy mit einem der Vorzeigeprojekte seines EU-Vorsitzes begegnen:
Der sogenannte Migrationspakt sollte die legale Einwanderung besser
steuern, die Grenzen dichter machen und die Entwicklung eines
gemeinsamen Asylsystems vorantreiben. Doch jetzt beschäftigt die
Staats- und Regierungschefs fast nur mehr die globale Finanzkrise.
Sarkozys Pakt wird als Randnotiz abgesegnet.

Dabei wird darin erstmals klar ausgesprochen, dass die "EU nicht
alle menschenwürdig empfangen kann, die sich hier ein besseres Leben
erhoffen." So soll künftig vor allem der Grenzschutz verstärkt werden.
Dafür soll die EU-Grenzschutzagentur Frontex mehr Geld bekommen und
ausgebaut werden. An den EU-Außengrenzen soll technisch aufgerüstet
werden, etwa mit Videoüberwachung und Drohnen. Bürger von
Nicht-EU-Staaten müssten unter dem Schlagwort biometrische Visa
schließlich bei ihrer Einreise per Fingerabdruck registriert werden.

Menschen, die in ihrer Heimat verfolgt oder bedroht sind, möchte die
EU künftig weiterhin offen stehen. So soll statt der bisher 27
unterschiedlichen Asylsysteme bis spätestens 2012 ein gemeinsames
entstehen. Um die derzeit je nach Mitgliedsstaat völlig
unterschiedlichen Anforderungen zur Asylgewährung schon davor
anzugleichen, will die EU-Kommission bereits 2009 Jahr ein sogenanntes
Unterstützungsbüro eröffnen. Das soll einheitliche Risikoanalysen für
die Herkunftsländer der Flüchtlinge erstellen. Denn heute erhalten etwa
in Österreich die meisten Tschetschenen Asyl. Die Slowakei betrachtet
sich dagegen fast durchwegs als nicht schutzwürdig.

Lippenbekenntnis

Einfacher sollte der Zuzug für hoch qualifizierte Arbeitskräfte in
die EU werden. Hier bleibt es jedoch im Wesentlichen bei einem
Lippenbekenntnis. Denn weiterhin bleibt die Zuwanderung in der
Kompetenz der Mitgliedsstaaten. Je nach den Erfordernissen ihres
Arbeitsmarktes entscheiden sie im Einzelfall über die
Arbeitsgenehmigung für die Nicht-EU-Bürger.

Die Rettung des Lissabonner Vertrags für eine effizientere EU wurde
beim Treffen der Staats- und Regierungschefs nicht näher behandelt. Die
Skizzierung eines Auswegszenarios nach dem gescheiterten Referendum in
Irland wurde auf Dezember vertagt.

Source: http://www.wienerzeitung.at/DesktopDefault.aspx?TabID=3857&Alias=wzo&cob=377350