Baden-Württemberg will elektronischen Hausarrest einführen

[heise.de] Baden-Württemberg plant als erstes Bundesland eine gesetzliche
Regelung zur Einführung von Hausarrest unter elektronischer Aufsicht.
Einen entsprechenden Gesetzentwurf von Justizminister Ulrich Goll (FDP) hat der Ministerrat am heutigen Dienstag zur Anhörung freigegeben.
Danach soll im Rahmen eines vierjährigen Modellversuchs getestet
werden, ob man bestimmten Personen künftig einen Gefängnisaufenthalt
erspart und sie stattdessen über eine elektronische Fußfessel in der
eigenen Wohnung überwacht.

"Die elektronische Überwachung im Strafvollzug hat den Vorteil, dass
wir damit Menschen vor dem Gefängnis bewahren können, die dort
eigentlich gar nichts verloren haben", erklärte der Minister. In Frage
kämen etwa Personen, denen wegen Nichtzahlung von Geldstrafen Vollzug
im Knast droht. "Wenn sie die Geldstrafe nicht bezahlen können, wird
ersatzweise die Freiheitsstrafe angeordnet. Das kann zum Verlust der
Arbeitsstelle oder der Wohnung und damit in einen Teufelskreis führen,
aus dem mitunter nur schwer wieder hinauszufinden ist", sagte Goll.

Auch Gefangene, die auf ihre Entlassung vorbereitet werden, könnten
den Plänen zufolge künftig unter elektronische Aufsicht gestellt
werden, wenn sie zustimmen und weder Flucht- noch Missbrauchsgefahr
besteht. Die Gesamtkosten für den vierjährigen Modellversuch sollen
rund 85.000 Euro betragen, wobei sich die Überwachten "in der Regel mit
20 Euro pro Tag" beteiligen müssten. Ein Tag in Haft schlage mit 85
Euro pro Gefangenem zu Buche, verdeutlichte Goll.

Voraussetzung für die Teilnahme am elektronischen Hausarrest sei
zudem, dass der Gefangene über eine eigene Wohnung mit angeschlossenem
Telefon sowie über eine Arbeits- oder Ausbildungsstelle oder
vergleichbare Tagesstruktur verfüge und dass auch die mit ihm in der
Wohnung lebenden Erwachsenen mit der elektronischen Aufsicht
einverstanden seien. Zu Beginn der Aufsicht soll ein Vollzugsprogramm
und der vorgesehene Tages- oder Wochenablauf festgelegt werden.

Verstößt der Teilnehmer gegen die Hausarrest-Anordnungen, soll es
Konsequenzen geben, die von einer einfachen Verwarnung über die
Streichung von Freizeit außerhalb der Wohnung bis hin zur Verlängerung
der Maßnahme oder dem Abbruch und die Rückführung in die
Vollzugsanstalt reichen. Über die technische Umsetzung ist öffentlich
bislang nichts bekannt. In der Regel enthalten elektronische Fußfesseln
aber Sender, die der zuständigen Behörde per Mobilfunk den ungefähren
Standort des Trägers verraten. Teilweise werden auch GPS-gestützte
Systeme verwendet. (pmz/c’t)

Quelle: www.heise.de