Bericht: Britische Regierung will E-Mail-Verkehr und Webzugriffe in Black Boxes aufzeichnen

[heise.de] Britische Regierungskreise denken darüber nach, eine
"Black-Box-Technologie" einzusetzen, um E-Mail-Korrespondenzen und
Zugriffe auf Webseiten im großen Stil zu überwachen. Jede Mail und
jeder Besuch einer Webseite in Großbritannien soll in solchen Black
Boxes aufgezeichnet werden, um die Informationen später dann in eine
"gigantische" Big-Brother-Datenbank zu überführen und zu speichern, berichtet heute die Tageszeitung The Independent.

Die Informationen der Zeitung beruhen auf Gesprächen, die Vertreter
des Innenministeriums mit führenden Repräsentanten der IT- und
Telekommunikationsindustrie geführt haben. Für das kommende Jahr ist
ein neues Gesetz (Communication Data Bill),
geplant, das die Überwachung und Speicherung von Datenströmen im Rahmen
der Verbrechensbekämpfung regeln soll, wozu auch die Errichtung der
großen Datenbank gehört. Im sogenannten Interception Modernisation
Programme (IMP) werden die technischen Grundlagen für das neue Gesetz
vorbereitet.

In diesem Zusammenhang sei man gezwungen, sich zu beraten, zitiert
die Zeitung Aussagen von Ministern, die sich einer skeptischen
Öffentlichkeit gegenübersehen. Wie nun bekannt wurde, hatten am Montag
Regierungsvertreter den Repräsentanten von Internetprovidern, wie BT,
AOL Europe, O2 und BskyB, Themen und technische Planungen zum neuen
Gesetz vorgestellt. Dabei sollen Mitarbeiter des Innenministeriums, die
am IMP teilnehmen, auch die Black-Box-Technologie präsentiert haben.
Die Black Boxes sollen demnach "sicher und ohne direkten Input der
Internetprovider" operieren, kleinere Internetprovider sollen davon
allerdings unberührt bleiben, da die Black Boxes upstream im Netz installiert würden. Alle Kosten trage die Regierung.

Black-Box werde die Technologie sein, mit der die Regierung die
Daten vorab speichern will, verriet ein ungenannter Delegierter, der am
Treffen teilnahm, der Zeitung; unklar bleibe aber, was das
Innenministerium, die Government Communications Headquarters
und die Geheimdienste künftig mit all diesen Informationen anfangen
werden: "Sie sagten, sie wollten nur in eine Position zurück, in der
sie vor dem Aufkommen der Internetkommunikation waren, als sie jede
Korrespondenz eines polizeilich Verdächtigen überwachen konnten. Der
Unterschied ist, dass sie nun aber in einer viel besseren Position
sind, um sehr viel mehr Personen aufgrund ihres Internetverhaltens
auszuspionieren. Zum anderen gibt es eine große Grauzone zwischen dem,
was Inhalt ist, und dem Traffic. Ist etwa das, was in einem Chatroom
gesagt wird, Inhalt oder Traffic?"

Die bereits jetzt bekannt gewordenen Regierungspläne zur Ausweitung
der Überwachung treffen auf größere Skepsis und Protest in der
Öffentlichkeit. Der Leiter der nationalen Datenschutzbehörde des
Vereinigten Königreichs, Information Commissioner Richard Thomas, bezeichnete das Vorgehen als "einen Schritt zu weit".
(tpa/Telepolis)

Source: http://www.heise.de