Versuch einer Übersicht über die heute beschlossenen Veränderungen des BKA-Gesetzes (vorbehaltlich der Zustimmung des Bundesrats noch dieses Jahr). Ermöglicht wird unter anderem das "risk profiling", also der Versuch der Vorhersage potentieller Risiken oder Straftaten mittels Software, die in Datenbanken nach "clustern" (Häufungen) sucht.
Quellen: Rote Hilfe Hamburg, Tagesschau
Gefahrenabwehr: Bislang sollte das BKA v. a. die Zusammenarbeit der Länderbehörden koordinieren. Das soll sich ändern: In der Präambel des Entwurfs heißt es: „Das Bundeskriminalamt erhält in bestimmten Fallgruppen die Aufgabe der Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus.“ Es soll also nicht nur wie andere Polizeien ermitteln, sondern Taten verhüten, die noch nicht begangen wurden. Schwerpunktmäßig soll alles abgewehrt werden, was länderübergreifend ist oder für das sich sonst niemand zuständig fühlt.
Nationaler Terrorismus: Hauptwaffe zur Bekämpfung des nationalen Terrorismus ist der hinlänglich bekannte § 129a: „Es [das BKA] kann im Rahmen dieser Aufgabe auch Straftaten verhüten, die in § 129a Abs. 1 und 2 des Strafgesetzbuches bezeichnet und dazu bestimmt sind, die Bevölkerung auf erhebliche Weise einzuschüchtern, eine Behörde oder eine internationale Organisation rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt zu nötigen (…).“ Bisher konnte das BKA bereits in Ermittlungen nach §§ 129 ff einbezogen werden, nun kann es aber von sich aus ermitteln, sobald die Verdächtigten in zwei verschiedenen Bundesländern wohnhaft sind.
V-Leute: In den Polizeigesetzen der Bundesländer ist es nicht vorgesehen, dass Polizeien V-Leute anwerben dürfen, dies ist ausschließlich den Geheimdiensten vorbehalten. Nun heißt es in § 20g des Entwurfs: Das BKA dürfe als besondere Mittel der Datenerhebung Personen einsetzen, „die nicht dem Bundeskriminalamt angehören und deren Zusammenarbeit mit dem Bundeskriminalamt Dritten nicht bekannt ist (Vertrauensperson)“.
Richtervorbehalt: Bei jedem der geplanten Instrumente steht der Satz: „Bei Gefahr im Verzuge kann die Anordnung (…) durch die Abteilungsleitung/den Präsidenten des Bundeskriminalamtes getroffen werden. Soweit die Anordnung nicht binnen drei Tagen durch das Gericht bestätigt wird, tritt sie außer Kraft.“ Bis zu drei Tage lang können also Wohnräume abgehört, kann rastergefahndet oder können „Bundestrojaner“ versandt werden, ohne dass eine unabhängige Instanz die Aktion rechtlich legitimieren muss. Hinzu kommt, dass das BKA nicht mehr prinzipiell verpflichtet ist, die Betroffenen über Aktionen gegen sie zu unterrichten.
Rasterfahndung: Das BKA soll die vielfach kritisierte Praxis der Rasterfahndung in einer noch erweiterten Form einsetzen dürfen: Es darf auf Daten zurückgreifen, die die Privatwirtschaft („nicht-öffentliche Stellen“) gesammelt hat. Lediglich Verfassungsschutz, Bundesnachrichtendienst (BND) und Militärischer Abschirmdienst (MAD) dürfen ihre Datensätze für sich behalten.
Privater Kernbereich: Bisher müssen beispielsweise Tonbänder sofort abgeschaltet werden, wenn die Beamten Zweifel haben, dass sie beim Abhören diesen Bereich verletzten, also Zeugen privater Gespräche werden. In der Praxis bedeutet das, dass sie ständig neben dem Aufnahmegerät sitzen müssten. Die Wohnraum- bzw. Telekommunikationsüberwachung soll nun automatisch laufen dürfen. Problem: Es werden auch Inhalte aufgezeichnet, die mit der Verdächtigung nichts zu tun haben. Ausweg des Innenministeriums: Hinterher soll ein Richter entscheiden, ob die Bänder auch verwertet werden dürfen. Es wird also zunächst alles mitgeschnitten. Außerdem soll auch die Überwachung von Räumen gestattet sein, in denen die Verdächtigen regelmäßig verkehrt, also Räume unbeteiligter Dritter (§ 20h).
Zeugnisverweigerungsrechte: Mit den Änderungen des BKA-Gesetzes werden die Zeugnisverweigerungsrechte von Anwält_innen (solange sie nicht Strafverteidiger_innen sind), Ärzt_innen, Psychotherapeut_innen, Journalist_innen etc. erheblich eingeschränkt. Das BKA-Gesetz erlaubt es nämlich, die in dem Gesetz geregelten Maßnahmen, wie Hausdurchsuchung, Telefonüberwachung, Onlinedurchsuchung auch gegen die o. g. Geheimnisträger_innen anzuwenden, solange die Verhältnismäßigkeit gewahrt ist. Damit droht der Schutz bestimmter Berufsgeheimnisträger_ innen und der Kommunikation zwischen ihnen und ihren Mandant_innen, Klient_innen, Patient_innen, Informant_innen etc. ins Leere zu laufen.
Source und mehr: http://pressback.blogsport.de/images/bka_rote_hilfe_hamburg.pdf
GEFAHRENABWEHR: Zur Terror-Abwehr soll das BKA
erstmals vorbeugende Aufgaben übernehmen dürfen, wenn eine
länderübergreifende Gefahr vorliegt, die Zuständigkeit einer
Landespolizeibehörde nicht erkennbar ist oder die oberste Landesbehörde
eine Übernahme wünscht.
PRIVATER KERNBEREICH: Eine
Überwachung muss unterbrochen werden, wenn der Kernbereich des
Privatlebens betroffen ist. Aufzeichnungen, die diesen Bereich
betreffen, sind unverzüglich zu löschen, Erkenntnisse dürfen nicht
verwertet werden. Bestehen Zweifel, ob Daten diesem Bereich zuzurechnen
sind, sind diese zu löschen oder dem anordnenden Gericht zur
Entscheidung vorzulegen. Das Erfassen und Löschen von Daten muss
dokumentiert werden.
AKUSTISCHE UND OPTISCHE ÜBERWACHUNG:
Zur Abwehr einer Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des
Staates, für Leib, Leben und Freiheit einer Person oder Sachen von
bedeutendem Wert darf das BKA verdeckt Personen abhören und auch
Bildaufnahmen machen.
EILKOMPETENZ: Diese
Maßnahmen dürfen nur auf Antrag des BKA-Präsidenten, seinem Vertreter
oder einem Gericht angeordnet werden. Ist Gefahr im Verzug, darf sofort
gehandelt werden. Die gerichtliche Entscheidung ist unverzüglich
nachzuholen.
RASTERFAHNDUNG: Das BKA kann von
öffentlichen oder nichtöffentlichen Stellen die Übermittlung von
personenbezogenen Daten aus Dateien verlangen. Voraussetzung ist
wiederum die Abwehr schwerwiegender Gefahren.
ONLINE-DURCHSUCHUNG: Das BKA darf ohne Wissen des Betroffenen in informationstechnische Systeme greifen und aus ihnen Daten erheben.
TELEKOMMUNIKATION:
Das BKA darf ohne Wissen des Betroffenen dessen Telekommunikation
überwachen. Es darf Daten über Verbindungen erheben und bei Mobilfunk
den Standort des Gerätes ermitteln.
WOHNUNGSDURCHSUCHUNG: Unter bestimmten Voraussetzungen darf das BKA ohne Einwilligung des Inhabers dessen Wohnung durchsuchen.
Source: http://www.tagesschau.de/inland/bkagesetz126.html
Beschluss: Gestern hat der Deutsche Bundestag das BKA-Gesetz beschlossen, das Sicherheitskompetenzen bündelt, die bisher föderal verteilt waren und neue Überwachungsbefugnisse erteilt, die staatliche Organe bisher noch nicht hatten. Eine Zusammenstellung