[heise.de] Auf dem CAST-Forum für Forensik und Internetkriminalität
hat sich BKA-Chef Jörg Ziercke noch einmal nachdrücklich für das
gestern abgesegnete BKA-Gesetz ausgesprochen. Es helfe der Polizei, die
vom Bundesverfassungsgericht wiederholt geforderte Wirksamkeit der
Gefahrenabwehr sicherzustellen. Dabei ging Ziercke auf die Kritik ein,
mit dem BKA-Gesetz würden Bürgerrechte entstellt und der Staat zu einem
Sicherheitsstaat gemacht. Wer so denke, meint Ziercke, verkenne die
Pflicht des Staates und der Polizeibehörden, die Bürger mit einer
wirksamen Strafverfolgung zu schützen und Gefahren von ihnen abzuwehren.
Zur Verdeutlichung zeichnete Ziercke ein breites Panorama
polizeilicher Aktivitäten gegen die zunehmende Internetkriminalität,
von der Wirtschaftsspionage über Phishing und DOS-Angriffe mit
Botnetzen bis hin zur stetig steigenden Kinderpornografie. In all
diesen Fällen müsse die Polizeitechnik mithalten und gegen das
"Tatmittel Internet" wirksame Verfahren finden, etwa Täter über die
IP-Adresse ausfindig machen.
Im Fall der Kinderpornografie wich Ziercke von seinem üblichen Vortragsschema ab und nannte den Sperr-Vorschlag
der Familienministerin von der Leyen eine sinnvolle Maßnahme, die nicht
von ungefähr komme. "Wir haben hier ein massives Problem, vor dem man
nicht die Augen verschließen sollte. Wenn wir den Anstieg der
Kinderpornografie nicht stoppen können, was ist dann in einem
Rechtsstaat alles eigentlich noch möglich?" Er verwies auf das Beispiel
von Norwegen, das täglich 15.000 Zugriffe auf kinderpornographische
Inhalte abwehre.
Eine große Rolle im Kampf gegen die Straftäter spielen nach Ziercke
die IP-Adressen, die in der Vergangenheit zu kurzfristig aufbewahrt
worden sind. Planungen von Terroristen würden sich über Jahre
erstrecken, daher müssten IP-Adressen langfristiger aufbewahrt werden,
um Beziehungen zwischen IP-Adressen und Netzwerken von Straftätern
(Terroristen wie Wirtschaftsverbrechern) erkennen zu können. Ziercke
schilderte mehrere Fälle terroristischer Aktivitäten, bei denen seine
Behörde abbrechen musste, weil nicht ausreichend nach beteiligten
IP-Nummern gesucht werden konnte.
Abseits der Verfolgung von Straftätern mittels der
Vorratsdatenspeicherung und der Quellen-TKÜ spielen die IP-Adressen für
das BKA auch bei der vorbeugenden Gefahrenabwehr terroristischer
Attacken eine Rolle, bei der die IP-Adresse der Rechner von
Anschlagsplanern bekannt ist. Hier setze die Online-Durchsuchung ein.
"Klassische Beweismittel gehören hier zur Vergangenheit. Wenn wir
Anschläge verhindern wollen, müssen wir auf den Computer eines
Terrorverdächtigen gucken können." Das geschehe mit Hilfe
individualisierter Software. Der Chef des Bundeskriminalamtes zeigte
sich dabei zuversichtlich, dass seine Mitarbeiter für jeden Fall und
Zielrechner schnell einsatzfähige Software entwickeln können. (Detlef Borchers) /
(vbr/c’t)
Source: http://www.heise.de/newsticker/BKA-Chef-IP-Kontrolle-muss-sein–/meldung/120668