[heise.de] Bei dem letzten Treffen der EU-Justiz- und Innenminister
am 27. und 28. November unter der französischen EU-Präsidentschaft
wurde ein von der EU-Kommission vorgeschlagener Plan zu einer
umfassenden und gemeinsamen Bekämpfung der Cyberkriminalität beschlossen.
Neben einem standardisierten europäischen Informationssystem und
besserer Koordination bei allen Formen von Cybercrime sind darin auch
gemeinse Internet-Ermittlungsteams der EU und grenzüberschreitende
heimliche Online-Durchsuchungen angedacht, wenn entsprechende
Regelungen in dem jeweiligen Mitgliedsland, in dem die Ermittlung
durchgeführt weren soll, gesetzlich verankert sind.
In einer Mitteilung
hebt die EU-Kommission die Bedeutung des Plans hervor, indem das Ausmaß
der Internetkriminalität drastisch geschildert wird: "In den
Mitgliedstaaten der EU werden jeden Tag Tausende von Angriffen auf
Informationssysteme verübt. Viren, die den Datendiebstahl von
Personalcomputern erleichtern sollen, Spam, Identitätsdiebstahl und
Kinderpornografie breiten sich immer mehr aus. Aktuellen Berichten
zufolge hat sich die Zahl der im Internet verfügbaren Bilder von
sexuell missbrauchten Kindern in den vergangenen fünf Jahren
vervierfacht, und bei jeder zweiten Straftat im Internet geht es um die
Herstellung, die Verbreitung oder den Verkauf von Kinderpornografie."
Ziel des Plans ist es, gegen die "unterschiedliche Vergehen, die mit
elektronischen Netzwerken begangen werden", vorgehen zu können. Genannt
werden in erster Linie Kinderpornografie, jede Form sexueller Gewalt,
jede Art des Terrorismus und große Angriffe auf Informationssysteme.
Auch die "traditionellen Straftaten, die mit dem Internet begangen
werden, wie Identitätsdiebstahl, betrügerische Verkäufe, finanzielle
Angebote, illegaler Handel besonders mit Drogen und Waffen", sollen mit
der neuen Strategie besser bekämpft werden.
Eine der vorgesehenen kurzfristigen Maßnahmen ist ein effizienter
Informationsaustausch zur Entdeckung und Prävention von Gefahren
zwischen den Strafverfolgungsbehörden und der Privatwirtschaft. Geplant
ist, dafür ein standardisiertes europäisches Informationssystem
aufzubauen. Entwickelt werden sollen auch europaweite
"Kooperationsmodelle" zwischen Strafverfolgungsbehörden und der
Privatwirtschaft, damit "Informationsersuche" schnell beantwortet
werden können. Es sei dringend erforderlich, eine Definition für den
Identitätsdiebstahl im Internet zu finden.
Europol wird beauftragt, eine europaweites "Warnplattform" für
300.000 Euro einzurichten, in das alle Mitgliedsländer Berichte über
Internetstraftaten eingeben sollen und das Warnungen über entstehende
Gefahren weiter geben soll. Europol werde weiterhin die Strafverfolgung
der Behörden europaweit koordinieren.
Kurzfristig sollen auch nationale Regelungen für Cyberpatrouillen
entwickelt werden, um Informationen, vor allem über verwendete
Pseudonyme, europaweit auszutauschen. Für die "Online-Fahndung nach
Tätern" müsse der Internetverkehr überwacht werden. Gewünscht werden
gemeinsame Ermittlungsteams und Lösungen für das Roaming in Netzwerken
sowie die durch Prepaid-Produkte ermöglichte anonyme Telekommnikation
finden.
Mittelfristig ist geplant, das Blockieren oder Schließen von
Kinderpornografie-Websites besser zu koordinieren und möglicherweise
eine gemeinsame Blacklist anzulegen. Und es sollen "remote searches"
(wörtlich "entfernte Durchsuchungen" oder "Ferndurchsuchungen", womit
offensichtlich die in der deutschen Debatte "heimliche
Online-Durchsuchung genannte umstrittene Maßnahme der Strafverfolger
gemeint ist), erleichtert werden, wenn sie nach nationalen Gesetzen
möglich sind. Dies soll "Investigationsteams ermöglichen, mit der
Zustimmung des Gastlandes schnell auf Informationen zuzugreifen". (fr/Telepolis)
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