[heise.de] In einem jüngst ergänzten Informationsblatt (PDF-Datei) zum geplanten internationalen Anti-Piraterie-Abkommen ACTA (Anti-Counterfeiting Trade Agreement) stellt sich die EU-Kommission der teils heftigen Kritik an den bisher geheim gehaltenen Verhandlungen. Das Ziel der laufenden Verhandlungen sei ein internationaler Rahmen für die Verfolgung massiver Verstöße gegen Schutzrechte, heißt es in dem Papier aus dem Büro der zuständigen neuen Handelskommissarin Catherine Ashton.
Die Wettbewerbsfähigkeit der EU hänge stark vom geistigem Eigentum ab, argumentiert die Kommission. Kommerzieller Missbrauch habe "verheerende" Auswirkungen für die europäische Wirtschaft und ihre Arbeitsplätze. Zu deren Schutz sollen bestehende Urheber- und anderer Schutzrechte im Rahmen von ACTA besser durchgesetzt werden. ACTA werde nicht weiter greifen als bestehende EU-Regeln zur Durchsetzung geistigen Eigentums. Bei dem geplanten Abkommen gehe es um die Eindämmung kriminellen Missbrauchs auf kommerzieller Ebene, nicht um die Maßregelung der Verbraucher.
Die EU-Kommission erklärt weiter, einen Textentwurf gebe es nicht. Die in der Vergangenheit an die Öffentlichkeit gelangten Papiere seien Konzepte beteiligter Parteien und keine Vertragsentwürfe. Es sei noch zu früh, über mögliche Ergebnisse der Verhandlungsprozesses zu spekulieren. Bisher seien drei Verhandlungsrunden absolviert. Dabei sei es um Schutzmaßnahmen an den Grenzen und zivilrechtliche Instrumente gegen Urheberrechtsverstöße sowie weitere Punkte gegangen. Einen Zeitrahmen für den Abschluss der Verhandlungen gebe es nicht. Die nächste Verhandlungsrunde soll Mitte Dezember in Paris stattfinden.
Derzeit sind nach Angaben der Kommission neben den Initiatoren USA und Japan sowie der EU auch Australien, Kanada, Südkorea, Mexiko, Marokko, Neuseeland, Singapur und die Schweiz an den Verhandlungen beteiligt. Langfristig sollen die großen, sich entwickelnden Wirtschaftsräume Russland und China in den ACTA-Prozess einbezogen werden. Die Durchsetzung geistigen Eigentums sei in diesen Regionen noch verbesserungsbedürftig, stellt das EU-Papier lapidar fest.
Zuvor hatten Beobachter teils scharfe Kritik am ACTA-Prozess geäußert. Zuvorderst wurde dabei kritisiert, dass die Verhandlungen über das Abkommen hinter verschlossenen Türen ohne die Beteiligung von Vertretern der Zivilgesellschaft stattfinden und bisher nichts über die Pläne kommuniziert wurde. Die EU-Kommission verteidigt die Geheimniskämerei mit der nötigen Diskretion, die bei Verhandlungen zwischen Regierungen geboten sei. Auch Befürchtungen, dass die ACTA-Länder im Zusammenspiel mit der Industrie eine neue Ebene außerhalb bestehender internationaler Absprachen etablieren, will die Kommission mit dem neuen Papier offenbar entkräften.
Zum Anti-Counterfeit Trade Agreement (ACTA) siehe auch:
- "Gefälschte Handtaschen sind nicht gefährlich". Interview mit der US-Politologin Susan Sell in c’t Hintergrund.
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(vbr/c’t)
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