Sicherheit nach Plan

[zeit.de] Drohnen, Körperscanner, Giftsensoren – was an Technik gegen den Terror geplant ist und was bereits entwickelt wird. 

Die Angst vor dem Terror hat Konjunktur, Technik für mehr Sicherheit
boomt. Die Bundesregierung erwartet einen Milliardenmarkt für
Bombendetektoren, biometrische Erkennungssysteme oder unbemannte
Aufklärungsdrohnen für den Ernstfall eines Anschlags. Mit 123 Millionen
Euro fördert das Bundesforschungsministerium (BMBF) darum die
Entwicklung von Technologien, die dazu führen sollen, dass Menschen
sich vor Terroranschlägen, Unfällen und Naturkatastrophen sicherer
fühlen. Eine Galerie über das, was in der Sicherheitstechnologie
geplant oder schon in der Entwicklung ist (Eine Liste der Projekte, die
das BMBF aktuell fördert, findet sich auf dessen Seiten).

 

 

Gegen das Giftgas
Tokyo 1995, Madrid 2004, London 2005 – schon drei Mal waren U-Bahnhöfe
das Ziel von Terroranschlägen. Für Opfer und Rettungskräfte ist die
Katastrophe im Schacht ein Albtraum: Die Lage ist unübersichtlich,
Zugänge und Fluchtwege sind versperrt. Im vom
Bundesforschungsministerium geförderten Forschungsprojekt ORGAMIR
soll ein intelligentes Sicherheitssystem entwickelt werden: Im
Ernstfall berechnen Computer anhand von Sensordaten aus den Tunnels
blitzschnell, wie sich die Giftgaswolke in den nächsten Minuten
ausbreiten wird. Das System soll die Lüftung so steuern, dass sie das
Gas aus dem Schacht saugt, Leuchtsignale und Lautsprecherdurchsagen
sollen auf sichere und zugängliche Rettungswege hinweisen.

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Wächter für das Wasser
Das Szenario: Terroristen kippen hochkonzentriertes Toxin ins
Trinkwasserreservoir einer Großstadt. Am nächsten Morgen putzen sich
Millionen arglose Bürger mit dem Gemisch die Zähne. Weil das Gift durch
die Routineanalysen im Labor erst Stunden später entdeckt wird, sind
bereits Tausende vergiftet, als die Behörden die Gefahr erkennen. Viel
schneller soll es gehen mit einem Sensorsystem, das die
Trinkwasserqualität kontinuierlich überwacht. Ziel des
Forschungsprojekts AQUABIOTOX, das vom BMBF gefördert wird, ist ein
Ensemble unzähliger Mini-Spürnasen, das sofort Alarm schlägt, wenn
sauberes Wasser zur Giftbrühe mutiert. Vermutlich werden Wasserflöhe
und gentechnisch veränderte Bakterien als lebende Sensoren eingesetzt.
Genaueres gilt bisher als geheim.

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Warnung aus der Wand
Unfall, Erdbeben oder einen Bombenanschlag im Tunnel, davor wollen die
Forscher des BMBF-Projekts AISIS schützen. Sie erproben intelligente
Tunnelwände, deren mit Sensoren gespickte Mauern im Ernstfall wissen,
wie tragfähig sie noch sind. Unzählige eingebetteter Messfühler
registrieren Erschütterungen, Druckwellen sowie austretende Gase und
funken einen detaillierten Lagebericht an die Leitstelle. Feuerwehr und
andere Helfer schauen nicht mehr ahnungslos in die Röhre, sondern
wissen sofort, welche Stellen einsturzgefährdet sind. Ein weiterer
Sicherheitsfaktor der Hightech-Röhre: Ihre Innenwand besteht aus einem
speziellen Polymerbeton, der die Stoßwellen einer Explosion dämpft und
so die tragende äußere Betonhülle schützt.

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Bombendetektor mit Weitblick
Ein herrenloser Koffer an der Bahnsteigkante: Ist nur dreckige Wäsche
drin oder eine Bombe? Um das zu beantworten, müssen
Anti-Terrorspezialisten verdächtige Gegenstände bislang aus nächster
Nähe untersuchen. Hat das BMBF-Projekt IRLDEX Erfolg, könnten sie
stattdessen auf Ferndiagnose setzen. Ziel ist ein optischer Sensor, der
verräterische Sprengstoffreste an Koffern oder Kleidung aus einigen
Metern Entfernung erkennt. Die Erfahrung zeigt nämlich: Ganz vermeiden
können Bombenbastler solche Spuren praktisch nie. Die darin enthaltenen
Sprengstoff-Moleküle verraten sich im Licht eines speziellen
Infrarot-Lasers durch ihren optischen Fingerabdruck. Im Labor
funktioniert das System schon.

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Blick durch die Kleidung
Mantel ablegen, Sakko und Schuhe ausziehen – wenn die Ingenieure ihr
Versprechen halten, könnte dieses alltägliche Ritual an
Flughafen-Sicherheitsschleusen bald von gestern sein.
Durchleuchtungsgeräte auf Basis der Terahertz-Technologie erkennen
nämlich genau, was unter der Kleidung verborgen ist. Ob
Sprengstoffgürtel, Keramikdolch oder Drogen – oder aber die Unterwäsche
und was darunter liegt. Als „Nacktscanner“ verschrien, hat
Bundesinnenminister Schäuble der Technologie offiziell eine Absage
erteilt. Im Sicherheitsforschungsprogramm des BMBF wird sie dennoch
vorbereitet. Gleich mehrere Projekte erforschen Terahertz-Scanner,
deren elektromagnetische Strahlung Textilien ebenso gut durchdringt wie
Röntgenlicht, aber gesundheitlich unbedenklich ist. In der offiziellen Beschreibung (siehe S. 23)
des TERAcam-Projekts ist nachzulesen, dass Menschen auf 20 Meter
Entfernung durchleuchtet werden sollen. Eine Distanz, die optimal ist
für eine unbemerkte, weil berührungslose Leibesvisite in der Menge.

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Der gespeicherte Kopf
Biometrie boomt, ist Sicherheitsfachleuten aber immer noch zu unsicher:
Fingerabdrucklesegeräte lassen sich mit falschen Kuppen aus Silikon
austricksen, Kontaktlinsen führen Irisscanner hinters Licht und
Gesichtsscanner geben auch einem Porträt-Foto grünes Licht. Die Folge:
Technisch bewanderte Betrüger kommen unentdeckt durch. Einhalt gebieten
sollen ihnen neue, räumliche Gesichtsscanner, die Fraunhofer-Forscher
in Darmstadt derzeit entwickeln. Ein dreidimensionaler optischer Scan
des Gesichtes erfasst in Sekundenbruchteilen feinste Details, von der
Krümmung der Wangen bis zur Faltung der Ohren. Das macht Täuschungen
praktisch unmöglich und steigert die Erkennungsrate auf 97,5 Prozent.
Schlechte Beleuchtung oder ein schräger Blick in die Kamera wären dann
kein Problem mehr.

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Wachmann Roboter
In zügigem Schritttempo patrouilliert OFRO unermüdlich auf dem
Firmengelände – bei Wind und Wetter. Das hüfthohe Kettenfahrzeug der
Berliner Firma Robowatch Technologies ist der erste Sicherheitsroboter
für die Freilandüberwachung. OFRO bewegt sich selbstständig auch durch
unwegsames Terrain, Satellitennavigation macht’s möglich. Per Funk
meldet das fahrende Auge verdächtige Sichtungen an die Einsatzzentrale,
die das menschliche Wachpersonal nicht mehr zur Patrouille verlassen
muss. Eindringlinge, die sich unerlaubt Zutritt zum Gelände
verschaffen, spürt OFROs Infrarotkamera auch nachts zuverlässig auf.
Eine militärische Version spürt auch chemische Kampfstoffe auf. An der
Verfeinerung der Sensoren wird gerade gearbeitet.

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Das fliegende Auge
Lautlos wie ein UFO schwebt es durch die Luft. An der
Kohlefaserkonstruktion mit den vier Rotoren hängt eine Digitalkamera,
die aus der Luft gestochen scharfe Bilder zur Basis funkt. MD4-200
heißt das fliegende Auge, das die Kreuztaler Firma Microdrones
entwickelt hat. Dank Videoübertragung kann der Pilot die Drohne per
Fernsteuerung an Orte fliegen, die er nicht einsehen kann. Selbst ein
konspiratives Treffen in der Glaskugel des Berliner Fernsehturms ließe
sich so unbemerkt von außen filmen. Die sächsische Landespolizei testet
derzeit, ob die Überwachungsdrohnen helfen können, gewalttätige
Fußballfans zu identifizieren. Die Entwicklung von Drohnen ist auch im
BMBF-Programm zur Sicherheitsforschung ein Ziel.

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Eine Galerie
 Von Ralf Krauter (Text) und Julia Kussius (Bilder)

Quelle: zeit.de