Terrorismus – DHS sagt Bedrohungen der nächsten fünf Jahre voraus

[gulli.com] Das
US-Amerikanische Heimatschutzministerium (Department of Homeland
Security oder kurz DHS) verfasste kürzlich eine ausführliche Vorhersage
über die wahrscheinlichen Bedrohungsszenarien der nächsten fünf Jahre,
also bis zum Jahr 2013, insbesondere im Bezug auf den Terrorismus. Der
Bericht ist "nur zur offiziellen Verwendung" bestimmt und wurde
wahrscheinlich für Ermittlungsbehörden, Geheimdienste und relevante
Wirtschaftsunternehmen geschrieben. Der Nachrichtenagentur AP gelang es
jedoch, in den Besitz des Berichts zu kommen und die darin enthaltenen
Informationen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Um
eine Prognose wie die vorliegende zu erstellen, werden mögliche
Angriffszenarien auf mögliche Verluste an Menschenleben, aber auch auf
ihre wirtschaftlichen uns psychologischen Konsequenzen hin untersucht.
Danach werden Bedrohungen ausgemacht, die als besonders wahrscheinlich
und/oder schwerwiegend anzusehen sind. Logischerweise konzentrieren
sich viele Terrorgruppen, darunter auch Al Qaida, auf Angriffe, die in
den genannten Kategorien (Todesopfer, wirtschaftliche und
psychologische Auswirkungen) möglichst zerstörerisch wirken. Auch diese
Tatsache wird in dem Bericht noch einmal betont.

Insgesamt machten die Analysten den Mittleren Osten und Afrika
als wahrscheinliche Ausgangspunkte terroristischer Bedrohungen gegen
die USA in den nächsten fünf Jahren aus. Wahrscheinlich seien "anhaltende Herausforderungen gegen die Sicherheit an den Grenzen" sowie eine verstärkte Affinität von Terroristen und anderen Kriminellen zu Computern und insbesondere dem Internet.

Die gefährlichsten Bedrohungen für die Sicherheit der in den USA
lebenden Menschen stellen dem Bericht zufolge nach wie vor chemische,
biologische, radiologische und nukleare Angriffe dar. Diese werden
allerdings von vielen Analysten auch als besonders unwahrscheinlich
angesehen, da sie nötige Logistik für Al Qaida und ähnliche Gruppen
kaum zu bewältigen sei.

Trotzdem betonte Heimatschutzminister Michael Chertoff Anfang des
Monats noch einmal, die Bedrohung durch Mssenvernichtungswaffen, etwa
schmutzige Bomben oder biologische und chemische Kampfstoffe, bleibe "auf Bundesebene die höchste Priorität".
Die Terroristen würden in diesem Bereich dazulernen, so Chertoff
gegenüber Reportern. Mitglieder der Geheimdienste sagen in
Übereinstimmung damit voraus, dass Terroristen im Laufe der nächsten
fünf Jahre versuchen würden, einen zerstörerischen Angriff mit Hilfe
biologischer Kampfmittel (die sie wahrscheinlich aus entsprechenden
Forschungseinrichtungen zu entwenden versuchen) durchzuführen.
Analysten befürchten für diesen Fall ein Zusammenbrechen der
medizinischen Versorgung durch den Ansturm tausender Infizierter. Auch
andere wichtige Infrastruktur könnte zusammenbrechen, wenn zahlreiche
Beschäftigte erkranken oder sogar sterben. Chertoff betonte, die
Bedrohung durch den Terrorismus sei nach wie vor gegeben und dürfe auf
keinen Fall vernachlässigt werden.

Als ebenfalls wahrscheinliche Bedrohungen für die nationale
Sicherheit gelten die Infiltration der USA durch Terroristen, die sich
möglicherweise als Flüchtlinge oder Asylsuchende ausgeben würden oder
über Drittländer einreisen würden, deren Einwohner keine Visa für die
Einreise in die USA benötigen. Auch illegale Einwanderung durch lange
Wartezeiten bis zur Erteilung der Einreiseerlaubnis und die
verschärften Asylgesetze in Verbindung mit eskalierenden Konflikten in
mehreren Ländern, aus denen die Menschen in die USA zu flüchten
versuchen werden, wird in dem Bericht als mögliches Sicherheitsproblem
genannt.

Die Anzahl radikaler Islamisten im Land wird nach Ansicht der
Verfasser des 38 Seiten starken Berichts im Laufe der nächsten fünf
Jahre ansteigen. Als ein wichtiger Grund dafür wird die einfache und
effektive Rekrutierung über das Internet genannt. Man befürchtet eine
große Anzahl junger muslimischer "Möchtegern-Terroristen" mit dem
Wunsch, Gewalttagen zu begehen – sogenannter "homegrown terrorists".
Auch die im Libanon und Palästina vertretene schiitische
Extremistengruppe Hisbollah könnte, wenn ein entsprechender Auslöser
vorliegt, damit beginnen, die USA anzugreifen, warnen die Analysten.
Bisher konzentriert die Hisbollah die meisten ihrer Angriffe auf
Israel. Mitglieder der Hisbollah nutzen die USA jedoch bereits für
Aktivitäten wie Spendensammlungen, Geldwäsche, Schmuggel, Drogenhandel
und Betrug, um ihre Gewalttaten zu finanzieren, berichtet das DHS.

Anschläge geringeren Umfangs, insbesondere Brandstiftung, erwarten
die Analysten in zunehmenden Maße auch von nicht islamistischen
radikalen Gruppen wie beispielsweise radikalen Tier- und
Umweltschützern.

Für ein wichtiges Thema und eine zunehmende Bedrohung halten die
Verfasser des Berichts auch den Cyber-Terrorismus. Diesen sehen sie in
den nächsten fünf Jahren als eine stetig wachsende Bedrohung an. Dazu
würden beispielsweise Phänomene wie die zunehmend einfache
Verfügbarkeit qualitativ hochwertiger Schadsoftware und "Hackertools"
beitragen, vermuten die Analysten. Die neuen Möglichkeiten des
computer- und internetbasierten Terrorismus dürften insbesondere jungen
Extremisten entgegenkommen, die mit derartigen Technologien
aufgewachsen sind und über entsprechende Fähigkeiten im Umgang mit
diesen sowie ein Gespür für deren Potential verfügen. Momentan fehlt Al
Qaida für großangelegte Cyber-Angriffe, insbesondere das Ausschalten
kritischer Infrastruktur wie beispielsweise Strom- und
Wasserversorgung, das Know-How. Dies könnte sich jedoch in den nächsten
Jahren durch die Rekrutierung technisch versierten Nachwuchses ändern.
Außerdem ist es denkbar, dass das Terrornetzwerk Cyberkriminelle als
"Söldner" anheuert, um diese Art Angriff durchzuführen. Durch solche
Angriffe würde vor allem die Wirtschaft geschädigt. Experten gehen
davon aus, dass diese Angriffe nicht die Medienwirkung physischer
Angriffe mit zahlreichen Toten und Verletzten erreichen würden. Jedoch
verlagert sich auch die Propaganda Al Qaidas zunehmend in Richtung
Internet.  (Annika Kremer)

Source: http://www.gulli.com/news/terrorismus-dhs-sagt-2008-12-26/