CCC: Kunden von „Zensurprovidern“ sollen klagen

[heise.de] Der Chaos Computer Club (CCC) will gegen die fünf Provider
mobil machen, die auf Basis eines Vertrags mit dem BKA "mit der
Internetzensur beginnen wollen". Deren Kunden sollten Klage erheben, sagte Andreas Bogk von der Hackervereinigung der taz. Der CCC hält die geplante, auf Initiative von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) vorangetriebene Zugangserschwernis genauso wie andere Bürgerrechtsorganisationen
für eine Alibi-Maßnahme. Damit solle "Akzeptanz für Zensur" geschaffen
werden, während die zunächst ins Visier genommenen
kinderpornographischen Webseiten nur den Blicken unbedarfter Surfer
entzogen würden.

Im Bundestag, der sich demnächst mit einem für Mittwoch geplanten
Kabinettsbeschluss für einen Gesetzesentwurf der Bundesregierung zu
Websperren gegen Kinderpornographie beschäftigen muss, übte die
Opposition scharfe Kritik am Vorstoß von der Leyens. Die Ministerin
"präsentiert hier einen Erfolg mit erheblichen Schattenseiten",
monierte Grietje Staffelt, medienpolitische Sprecherin der Grünen.
Web-Blockaden seien leicht zu umgehen und "in dieser Form rechtlich
bedenklich". Die CDU-Politikerin habe "durch perfiden Druck auf die
einzelnen Provider zudem die Branche entzweit". Nicht-Unterzeichner
seien "als schwarze Schafe in die Ecke gestellt" worden.

Malte Spitz, Mitglied im Bundesvorstand der Grünen, ergänzte, dass
der jetzige Aktionismus inszeniert wirke und sich die beteiligten
Provider für Wahlkampfzwecke benutzen ließen. Die von vielen Seiten
geäußerten Bedenken,
dass in einem Rechtsstaat ohne gesetzliche Grundlage Sperrlisten
erstellt und ohne richterliche Entscheidung Internetseiten blockiert
würden, sollten nicht einfach beiseite gewischt werden.

Die FDP meldete ebenfalls schwere Bedenken an. "Die Bundesregierung
geht selbst davon aus, dass legale Angebote betroffen sein können",
warnte die Innenexpertin der Liberalen, Gisela Piltz. Auch die vom
Bundeswirtschaftsministerium in den Raum gestellte Änderung des Telemediengesetzes
für die Verankerung einer Zugangserschwernis könne "einer generellen
Zensur im Internet Tür und Tor öffnen". Eine Sperre verhindere nicht
den Missbrauch von Kindern. Ähnlich äußerte sich Jörn Wunderlich,
familienpolitischer Sprecher der Linken. Die Aktion helfe nicht
Kindern, sondern allein der "Profilneurose" der Ministerin.

Hans-Peter Uhl, innenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion erklärte
dagegen auf der Plattform Abgeordnetenwatch: "Es handelt sich bei
diesen Inhalten um ein so schweres Verbrechen, dass gegenüber den
aktuell diskutierten staatlichen Gegenmaßnahmen jede Rede von ‚Zensur‘
oder ‚Freiheitsbeschränkung‘ pervers ist." Die ganze
"pseudo-bürgerrechtsengagierte Hysterie von Pseudo-Computerexperten",
man müsse um jeden Preis ein "unzensiertes Internet" verteidigen, sei
"juristisch ohne Sinn und Verstand und moralisch verkommen."

Die Kinderrechtsorganisation Save the Children
begrüßte die getroffene Vereinbarung als "ersten Schritt in die
richtige Richtung". Sie rief die Internetnutzer dazu auf, kritisch zu
hinterfragen, "ob ihre Provider sich aktiv gegen den sexuellen
Missbrauch von Kindern im Internet einsetzen". Auch Unicef Deutschland
fand lobende Worte: Mit der Vereinbarung schließe Deutschland zu
international fortschrittlichen Standards auf und erschwere das
"Massengeschäft" mit Kinderpornographie. (Stefan Krempl) /
(vbr/c’t)

Source: www.heise.de