Italien-Lybien, Qadafi in Rom, zwischen Einwanderung und Kooperation

[ilvelino.it] Rom,
4. Juni – Bekämpfung der Einwanderung und bilaterale Angelegenheiten. Es sind die zentralen Themen des Besuchs, den sich der lybische Führer
Muhammar Qadafi anschickt, vom 10. bis zum 12. Juni Rom abzustatten.

Ein Besuch, der den G8-Gipfel im Juli vorweg nimmt, an den der Oberst
in seiner Eigenschaft als turnusmäßiger Präsident der Afrikanischen
Union Teil nehmen wird und den Außenminister Franco Frattini nicht
gezögert hat, als Ereignis "von historischer Tragweite" für die
Beziehungen zwischen beiden Ländern zu bezeichnen, die besonders in
Hinblick auf eine Beantwortung des Phänomens der Migrationsströme
entscheidend sind.
Nach dem die Kontroversen zwischen unserer Regierung und dem
Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen in Bezug auf Abweisungen
und Asylrecht überwunden sind, ist die Angelegenheit im EU-Kontext
eingebracht worden, wo nach gemeinsam getragenen Lösungen gesucht wird.
Und gerade heute hat der Amtsträger im Innenministerium Roberto Maroni
aus Luxemburg, wo gerade der Gipfel der Innen- und Jusztizminister
stattfindet, angekündigt, dass er dem Vize-Präsidenten der
EU.Kommission, Jacques Barrot, neben einer Liste von durch Tripolis
"zur Verhinderung der Abreise von Klandestinen zum Beweis dafür, dass
sie es ernst meinen" in die Tat umgesetzten Eingriffen, eine Reihe von
durch Lybien formulierten Forderungen "zur Fortsetzung der Politik zur
Bekämpfung der klandestinen Immigration" überreichen wird. Maroni hat
angegeben, dass er überzeugt sei, die Frage der Landungen der Agenda
des Europarates vom 18. und 19. Juni "als der schwedischen
Präsidentschaft zu unterbreitendes Dolkument" aufzuzwingen. "Lybien zu
helfen, ist eine Pflicht der EU", sagte er abschließend.

Die Kooperation zwischen Italien und Lybien auf dem Gebiet der
klandestinen Immigration ist durch ein 2007 unterzeichnetes Protokoll
geregelt, das unter anderem gemeinsame Patrouillen vorsieht, um
besonders den kriminellen Organisationen, die sich dem Menschenhandel
und der Ausbeutung von Migration widmen entgegen zu treten, und
gemischte Kontrollen an den Land- und Seegrenzen. Der Besuch Qadafis
zielt auf die Stärkung der, wenn auch unter Beachtung der geltenen
Gesetze, unter Wahrung der Menschenrechte, mit der italienischen
Regierung getroffenen Vereinbarung. Man wird bei der Reihe von
Gesprächen, die der Oberst mit Vertretern der Regierung und der
Institutionen führen wird aber nicht nur über Einwanderung sprechen. Es
geht besonders um bilaterale Angelegenheiten und um die von beiden
Ländern nach Jahrzehnten der Spannungen erzielten Fortschritte. Der
historische Besuch des Premier Silvio Berlusconi im März 2009 in der
Wüste im Sirte-Becken, an einem Ort unweit der 1929 von den Faschisten
für die lybischen Kämpfer und ihre Familien eingerichteten
Konzentrationslager, hat die Wende in den Beziehungen zwischen Rom und
Tripolis markiert. "Wir nehmen die Entschuldigungen Italiens an und ich
bitte alle Lybier, ihre Ressentiments zu überwinden und den Italienern
in einem paritätischen Verhältnis der gegenseitigen Achtung, die Hand
zu reichen", hatte Qadafi damals gesagt. "Wenden wir diese dunkle Seite
um und beginnen wir eine neue Ära".

Eine neue Ära, die mit einer Reihe von Ausgleichsleistungen beginnt,
die das lybische Regime von Italien gefordert hat, um wirklich eine
neue Seite aufzuschlagen. Wie die etwa sechs Millionen teure Autobahn*
von Ras Jdeir bis Assaloum, die von der Grenze mit Tunesien bis zu der
mit Ägypten, ganz Lybien durchqueren wird und für deren Wiederaufbau
die Regierung ihre Verpflichtung bekräftigt hat. Die neue Phase war
auch durch die Öffnung des lybischen Marktes für italienische
Unternehmen gekennzeichnet. Eine wichtige Tatsache, die aber die nicht
eingelösten Kredite nicht aus der Welt schafft. Kredite, deren höhe
sich unmöglich kalkulieren lässt, die vielen italienischen Unternehmen
nie zurück gezahlt wurden. Viele Unternehmen mussten in Konkurs gehen,
nach offiziellen Angaben mindestens 120. Über die Vereinbarung einer
Kredittilgungsform, die die Erteilung von Zuschlägen bei
Aufratgsvergaben vorsieht, konnte sich die eine oder die andere unter
den Großen wie Telecom, Italcementi und Impregilo, retten. Letztere
Firma soll im Begriff sein, einen Wolkenkratzer zu bauen, dessen Name
"Qadafi Tower" lauten soll.

Derweil halten die polemischen Diskussionen wegen dem Vorschlag der
Verleihung eines Ehrendoktors an Qadafi durch die Universität Sassari
an. In erster Linie sind es einige Vereine zum Schutz der
Menschenrechte und der Partito Radicale mit der Vizevorsitzenden des
Senats Emma Bonino, die kürzlich die Initiaitive als "inakzeptabel"
bezeichnete. Tatsächlich sind die Zeiten für die Billigung der
Verleihung eines Ehrendoktortitels recht lang. Der Initiative der
juristischen Fakultät müssen 75% der Mitglieder des Fachbereichsrates
zustimmen. Der Beschluss wird dann vom akademischen Senat geprüft und
gelangt erst nach etwaiger Annahme beim Ministerium für Bildung für das
endgültige grüne Licht. Letzter Aspekt des Besuches vom Oberst, ist die
Unterkunft im traditionellen Beduinenzelt mit dem der lybische Führer
zu verreisen pflegt, das bereits in Villa Doria pamphili augestellt ist.

(bic) 4. Juni 2009 18:40

A.d.Ü.:

* Siehe: https://www.gtai.de/DE/Content/bfai-online-news/2008/17/medien/t3.html

Source: http://www.ilvelino.it/articolo.php?Id=866374