Europäische Industrieausstellung mit Polizeibeteiligung

Von René Heilig

Am Berliner Alexanderplatz treffen sich Fachleute aus 60 Ländern, um mehr innere Sicherheit zu verabreden

[neues-deutschland.de] Gestern begann in Berlin der 13. Europäische Polizeikongress. Rund 1600 Teilnehmer aus 60 Ländern beraten auf der zweitägigen Veranstaltung über mehr Sicherheit in der globalisierten Welt.

Reimar Scherz macht seinem Namen kaum Ehre – so wie er den Kongress moderiert. Überaus korrekt agiert der einstige Brigadegeneral. Doch nach dem gestrigen Eröffnungsbeitrag von Innenstaatssekretär Ole Schröder (CDU) – er musste seinen Chef und Parteifreund Thomas de Maizière vertreten – gestattete sich Scherz denn doch mal zarte Ironie. Wo am Hindukusch, so fragte der Ex-General, seien denn die »gesicherten Gebiete«, in denen Schröder deutsche Polizisten afghanische Kollegen ausbilden lassen will? Und wie bitte sollen es 200 deutsche Polizeiausbilder erreichen, dass Deutschland sich in vier Jahren aus dem fremden Land zurückziehen kann?

Tja, so ist das, wenn man nicht nur das gemeine Volk, sondern auch Leute vom Fach für dumm verkaufen will.

Doch manch anderes, was der Regierungsbeamte Schröder erzählte, sollte man schon ernst nehmen. Beispielsweise, dass das die Bundesregierung Pläne der EU-Kommission zur systematischen Weitergabe von Fluggastdaten an Terrorfahnder prüfen will. Es ist erst ein paar Tage her, dass Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) beim Treffen der EU-Ressortkollegen in Toledo zur Zurückhaltung bei diesem Projekt aufgerufen hatte. Einen ersten Vorstoß dieser Art hatte es bereits 2007 gegeben. Der konnte noch abgewiesen werden.

Aber vielleicht ist ja alles nur eine Formulierungsfrage. So wie der Unterschied zwischen Nackt- und Körperscanner. Erstere gingen gar nicht und die zweitgenannten Geräte müssten »einen Erkenntnisgewinn liefern«, ohne gesundheitsgefährdend zu sein. Bei allem müsse die Intimsphäre gewahrt bleiben. Schröder sagte nicht, wie das zusammengeht.

Doch moderne Geräte können so vieles. Sagen zumindest die Aussteller dutzender Firmen, die in den Wandelgängen der Kongresshalle am Alex um Kunden werben. Bereits optisch machen sie klar, wer den Kongress beherrscht: EADS, Siemens, SAP, 3M, Panasonic, Dräger, Taser, RUAG, T-Systems, Mercedes-Benz … Auch vom Podium herab und aus Panel-Räumen tönen Offerten. Jeder zweite Redner ist Abgesandter der Sicherheit versprechenden Industrie.

Bereits der zweite Mann am Pult des Eröffnungstages verband Industrie und Polizei in außerordentlich gewinnbringender Weise. Dr. Markus Hellenthal ist Vorsitzender der Geschäftsführung von Thales. Zuvor hat er für den Rüstungsriesen EADS angeschafft. Und davor, so kann man erfahren, wenn man sich die Biografie des 53-Jährigen anschaut, war er eine große Nummer beim Bundesgrenzschutz und im Bundesinnenministerium.

Sein jetziger Arbeitgeber Thales ist weltweit mit »ganzheitlichem Ansatz« im Sicherheitsgeschäft. Man bedient Industrien, Verwaltungen, Polizeien, Nachrichtendienste und Grenzschützer. Beispielsweise die in Lettland. Um die Ostgrenze des Landes dicht zu machen, hat der Konzern ein »integriertes Komplettsystem« entwickelt, das sich überall an den EU-Außengrenzen installieren lässt. Dabei sind – so verspricht Thales – die Radar-, Kamera- und Mikrowellen-Sensor-Systeme jeweils an die Umgebung, das Gelände, die Einsatzbedingungen und die gewünschte Sicherheitsstufe anzupassen.

Manchem kommen da gerade in Berlin Erinnerungen hoch.

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