Niedersachsen: Einsatz von Überwachungsdrohnen

[cop2cop.de] Innenminister Uwe Schünemann beantwortet die Kleine Anfrage der Abgeordneten Pia-Beate Zimmermann (LINKE); es gilt das gesprochene Wort! Die Abgeordnete hatte gefragt: Ende des Jahres 2008 hat das Niedersächsische Ministerium für Inneres, Sport und Integration eine sogenannte Überwachungsdrohne angeschafft, welche einige Hundert Meter hoch fliegen und unbemerkt Fotos und Videos machen kann. Laut Angaben des Ministeriums soll sie die Polizei bei Einsatz-lagen wie Großbränden oder Geiselnahmen unterstützen. Bislang läuft die Drohne im Testbetrieb. Nach Angaben des Ministeriums war die Drohne bereits mehrfach im Einsatz. Das soll sowohl über freiem Feld als auch zwischen Häusern in der Stadt geschehen sein. Der niedersächsische Landesdatenschutzbeauftragte monierte, dass er vor dem Einsatz der Drohne nicht ausführlich informiert worden ist und somit der Einsatz ohne gesetzliche Grundlage erfolgt ist.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie stellt sich aus Sicht der Landesregierung insbesondere hinsichtlich der konkreten gesetzlichen Grundlagen der Einsatz der sogenannten Überwachungsdrohne dar, und in welcher konkreten rechtsförmlichen Art und Weise war in diesem Zusammenhang der niedersächsische Datenschutzbeauftragte zu welchem Zeitpunkt einbezogen?
2. Wann, wo und wie oft wurde die Drohne seit der Anschaffung im Jahr 2008 in Niedersachsen konkret eingesetzt (bitte nach Datum und Einsatzorten getrennt auflisten).
3. Wird die Überwachungsdrohne künftig in den Regelbetrieb gehen und, wenn ja, wann und für welche konkreten Zwecke?

Innenminister Uwe Schünemann beantwortete namens der Landesregierung die Kleine Anfrage wie folgt:

Unbemannte Luftfahrzeuge haben in den letzten Jahren in ihrer Bedeutung zugenommen. Aufgrund ihrer vielfältigen Einsatzmöglichkeiten sind sie durch Verordnung zur Änderung der Luftverkehrs-Ordnung und anderer Vorschriften des Luftverkehrs mittlerweile mit klarstellenden Regelungen in das sonstige Luftfahrtrecht integriert worden.

Im polizeilichen Bereich kann der Einsatz von unbemannten Luftfahrzeugen u.a. zur Aufklärung, Beweissicherung und Dokumentation, bei Einsatzmaßnahmen der Spezialeinheiten sowie im Bereich der Gefahrenabwehr sinnvoll sein. Bei größeren Gefahren- und Schadenslagen, Katastrophen oder aber Anschlägen hat auch die niedersächsische Polizei Maßnahmen zur Gefahrenabwehr und beweissichernden Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten zu treffen. Dabei können auch die durch den Einsatz eines unbemannten Luftfahrzeugs gesammelten Informationen zur Lagebeurteilung mit herangezogen werden.

Bundesweit kommen heute schon vereinzelt unbemannte Luftfahrzeuge im Rahmen der Erfüllung polizeilicher sowie umwelt- bzw. forstwirtschaftlicher Aufgaben zum Einsatz. Vor dem Hintergrund, dass sich die meisten zivilen Anwendungen derzeit im Status einer Studie oder eines Pilotprojekts befinden, wurde die Zentrale Polizeidirektion beauftragt, eine Anwendungserprobung eines Drehflüglersystems durchzuführen.

Nach der Beschaffung des Drehflüglersystems wurden auf polizeilichen Liegenschaften bzw. der Polizei zur Verfügung stehenden Trainingsgeländen zur Qualifizierung und Übung Schulungsflüge durch zertifizierte Luftfahrzeugfernführer durchgeführt. Die bisherige Erprobung lässt den Schluss zu, dass unbemannte Luftfahrzeuge bemannte Luftfahrzeuge ergänzen können. Ein Echteinsatz erfolgte bislang nicht.

Dies vorangestellt, beantworte ich die Frage der Abgeordneten Pia Zimmermann namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:

Der Verwendung von unbemannten Luftfahrzeugen richtet sich nach dem Luftverkehrsrecht. Soweit bei dem Einsatz mittels Foto- und Videotechnik personenbezogene Daten erhoben werden, erfolgt dies auf Grundlage der für den jeweiligen Einsatzzweck maßgeblichen Rechtsgrundlagen des Gefahrenabwehrrechts oder der Strafprozessordnung. In Betracht kommen insbesondere § 32 Abs. 3 Nds. SOG für Einsätze von Gefahrenabwehrbehörden zur Erfüllung ihrer Aufgaben, wobei eine Aufzeichnung von Videobildern nur durch die Polizei und nur unter den Voraussetzungen des § 32 Abs. 3 Satz 2 Nds. SOG zur Verhütung von Straftaten erfolgen darf. Ein verdeckter Einsatz kommt zur Gefahrenabwehr und zur Verhütung von Straftaten nach § 35 Nds. SOG in Betracht. Vorgänge in Wohnungen dürfen nur unter den deutlich engeren Voraussetzungen des § 35 a Nds. SOG aufgeklärt werden. Bildaufnahmen bei Versammlungen richten sich nach §§ 12 a, 19 a Versammlungsgesetz; für öffentliche Veranstaltungen oder Ansammlungen, die nicht dem Versammlungsgesetz unterliegen, ist § 32 Abs. 1 und 2 Nds. SOG einschlägig.

Im Bereich der Strafverfolgung können Bildaufnahmen ohne Wissen des Betroffenen auf Grundlage von § 100 h StPO, ansonsten gemäß § 163 StPO gefertigt werden.

Eine gesetzliche Verpflichtung zur Erstellung einer Verfahrensbeschreibung und daraus folgend zur Beteiligung des LfD nach § 22 Abs. 5 NDSG besteht nicht, da es sich beim Betrieb von Videokameras nicht um automatisierte Datenverarbeitung i.S.v. §§ 8 i.V.m. 3 Abs. 5 NDSG handelt. Eine automatisierte Datenverarbeitung im Sinne der Vorschriften ist nur dann gegeben, wenn gespeicherte Bilder auch automatisiert ausgewertet werden können. Über solche Möglichkeiten verfügt die im Drehflüglersystem eingesetzte Videotechnik jedoch nicht. Gleichwohl hat die Zentrale Polizeidirektion (ZPD) dem Landesbeauftragten für den Datenschutz (LfD) die Dokumentation der von der ZPD durchgeführten datenschutzrechtlichen Vorabkontrolle, eine Verfahrensbeschreibung nach § 8 Satz 1 des Niedersächsischen Datenschutzgesetzes (NDSG) sowie Datenblätter für die in dem Luftfahrzeug installierte Videokamera und für das Fluggerät übersandt.

Zu 2.:

Fehlanzeige; siehe Vorbemerkungen.

Zu 3.:

Eine endgültige Entscheidung für die Einführung des Drehflüglersystems in die niedersächsische Polizei ist noch nicht getroffen. Im Übrigen siehe Vorbemerkungen.

Source: http://www.cop2cop.de/2010/04/30/einsatz-von-uberwachungsdrohnen/