Der Einsatz unbemannter Luftfahrzeuge für die zivile Sicherheit

Unbemannte Luftfahrzeuge wurden bislang vor allem vom Militär zu Erkundungs- und Aufklärungsflügen eingesetzt. Ihre Vorteile liegen auf der Hand: Die ferngesteuerten Fluggeräte werden durch den Piloten vom Boden aus geführt. Sie sind meist kleiner und leiser als herkömmliche Flugzeuge, und sie lassen sich weitaus flexibler steuern. Zudem können sie auch in kritischen Situationen – als Beispiel sei hier auch die Vermessung von atomaren, chemischen oder biologischen Wolken genannt – und über einen langen Zeitraum geflogen werden. Das macht sie auch für zivile Einsätze interessant.

Das Deutsche Zentrum für Luft- und Rahmfahrt e.V. (DLR) ist seit längerem in der Entwicklung der Unmanned Aircraft Systems (UAS) aktiv. Es zählt zu den Gründungsmitgliedern der internationalen Initiative „UAVNet“, die 2001 mit Unterstützung der Europäischen Kommission etabliert wurde. Ziel ist es, die Nutzung von UAS im zivilen Bereich zu fördern und voranzutreiben.

Beteiligt an den UAS-Projekten sind die DLR-Schwerpunkte Luftfahrt und Raumfahrt. Die Wissenschaftler kommen aus den Instituten für Flugführung, Flugsystemtechnik, Kommunikation und Navigation sowie Robotik und Mechatronik. Die Arbeiten im Bereich der unbemannten Luftfahrzeuge für die zivile Sicherheit sind zugleich Teil der Sicherheitsforschung, dem Querschnittsbereich des DLR, in dem die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten mit verteidigungs- und sicherheitsrelevanten Bezug geplant und gesteuert werden.

Die DLR-Experten verfügen schon heute über wichtige Schlüssel-Kompetenzen zur Weiterentwicklung und den Betrieb der unbemannten Luftfahrzeuge:

Navigation und Flugregelung bilden die Basis für die Durchführung präziser und anspruchsvoller Missionen.
Entscheidungssysteme und größtmögliche Führungsunterstützung für den Piloten durch maximale Autonomie (Sensorik und Datenverarbeitung) machen das UAS unabhängiger von menschlicher Einflussnahme.
Umwelterkennung durch Kameras befreit das UAS von wegpunktbasierten Flugplänen.
Maschinelle Pfadplanung versetzt das UAS in die Lage, sich völlig unabhängig auch in unbekanntem Terrain zu bewegen.
Flight Management Systeme ermöglichen es, UAS mit anderen Luftverkehrsteilnehmern in den Luftraum zu integrieren.
Optische und hyperspektral Sensoren an Bord der UAS sorgen dafür, dass Einsatzkräfte wie Polizei oder der Katastrophenschutz mit Informationen versorgt werden, die im Kampf gegen organisiertes Verbrechen, Terrorismus sowie im Krisen- und Katastrophenmanagement notwendig sind.

Das Institut für Flugsystemtechnik testet unbemannte Luftfahrzeuge in realitätsnahen Simulationen und im realen Flugversuch. Dabei nutzen die Forscher verschiedene Systeme, zu denen neben kleinen ARTIS-Hubschraubern (Rotordurchmesser 0,5 bis 3 Meter) auch das Starrflügelflugzeug Prometheus gehört. Ein solar betriebenes, dauerflugfähiges Flugzeug namens Solitair befindet sich in der Planung.

Im Fokus der Wissenschaftler stehen unter anderem Lösungen, mit denen unbemannte Flugobjekte automatisch auf andere Luftverkehrsteilnehmer reagieren, um eine drohende Kollision zu vermeiden (Sense & Avoid). Ein weiteres Forschungsfeld ist die gemeinsame Operation bemannter und unbemannter Luftfahrzeuge im gleichen Luftraum (Manned-unmanned Teaming); hier erschließen sich neue Einsatzgebiete, etwa bei Such- und Rettungseinsätzen.

Einsatz in Gebäuden

Das Institut für Kommunikation und Navigation erforscht und entwickelt besonders kleine Fluggeräte, sogenannte Micro Aerial Vehicles (MAV). Das Besondere an den Systemen ist, dass sich eine Vielzahl von gleichzeitig fliegenden MAVs zu einem Multi-Agent-System bündeln lassen. Diese Systeme organisieren sich dezentral und sind sehr agil und robust. Damit sind sie perfekt für den Einsatz im Zivil- und Katastrophenschutz geeignet, zum Beispiel zur Lageerkundung oder zum Aufbau von Kommunikationsrelaisketten. Aufgrund ihrer geringen Abmessungen können MAVs auch in Großstädten und sogar innerhalb von Gebäuden eingesetzt werden.

Die Herausforderungen, die sich den Entwicklern stellen, sind vielfältig. Idealerweise sollen die MAVs im Multi-Agent-System über mehrere Tage im Einsatz bleiben können. Um sie während dieser Zeit mit Energie zu versorgen, müssen sie eine Ladestation autonom anfliegen können. Trotz der Vielzahl der involvierten MAVs ist zudem eine Erhöhung der Anzahl an Bedienern nicht erwünscht. Die gleichzeitige Interaktion eines Bedieners mit einer Vielzahl von sehr dynamisch agierenden MAVs erfordert neue Konzepte zur Interaktion zwischen Mensch und Multi-Agent-System.

Das Institut für Kommunikation und Navigation betreibt eine Flotte von MAVs und führt damit Versuche zum Einsatz von Multi-Agent-Systemen unter kontrollierten Laborbedingungen durch. Darüber hinaus verfügt das Institut über umfangreiche Erfahrung in der Durchführung von Outdoor-Experimenten mit MAV-Schwärmen. Das DLR arbeitet hier seit Jahren mit internationalen Zivilschutzorganisationen zusammen.

Fernerkundung in Echtzeit

Unbemannte Multirotorsysteme eröffnen Polizei und Katastrophenschutz neue Aufnahmemöglichkeiten in der Fernerkundung. Die Abteilung Sensorkonzepte und Anwendungen am DLR-Institut für Robotik und Mechatronik testet verschiedene Systeme in unterschiedlichen Einsatzszenarien.

Im Fokus der Forschungsarbeit stehen neuartige Konzepte der Luftbildauswertung sowie die automatische Generierung digitaler Geländemodelle. Die Fluggeräte können nur etwa ein Kilogramm schwere Lasten tragen, was die Entwickler vor neue Anforderungen an das Design der zum Einsatz kommenden Sensorsysteme stellt. Die Expertise der Abteilung liegt zum einen in der Integration und Georeferenzierung hochlichtempfindlicher Kameras im sichtbaren, thermalen und kurzwelligen infraroten Spektrum, zum anderen in der Auswertung sowie Validierung experimenteller Sensorkonfigurationen.

Ziel der Forschungsarbeit ist die Echtzeitverarbeitung georeferenzierter Livebilddaten verschiedener optischer Sensoren zu Livebildmosaiken und digitalen Geländemodellen. Zum Einsatz sollen die Systeme künftig vor allem in der zeitnahen Aufklärung und Dokumentation von Unfall- und Katastrophenszenarien kommen. Dazu werden Fluggerät, optische Sensorik und Datenverarbeitung weiter aufeinander abgestimmt.

Herausforderungen der Zukunft

DLR-Systeme wie ARTIS oder Prometheus werden experimentell bereits genutzt zur Kartographie und Hinderniskartenerstellung, auch in 3-D. Regelmäßig werden neue Komponenten getestet und die Live-Videoübertragung an eine Bodenstation erprobt. Das neue Solitair-Flugzeug wird dieses Portfolio um Höhenbeobachtung und Langzeitmissionen ergänzen. Ein weiteres UAS-Thema ist die Überwachung von Seegebieten, zum Beispiel hinsichtlich illegaler Verschmutzung durch den Schiffsverkehr und langfristig auch zur Sicherung der EU-Außengrenzen. Aufgrund der Einsatzmöglichkeiten, die UAS hinsichtlich des Einsatzes der gesamtstaatlichen Sicherheit bieten, kooperiert auch das Bundesministerium des Inneren in verschiedenen Projekten mit dem DLR.

Bevor unbemannte Luftfahrzeuge allerdings zum Alltagsbild gehören werden, sind noch einige Herausforderungen zu meistern. Der zivile Luftraum ist unbemannten Luftfahrzeugen bisher verboten, nur für besonders leichte Geräte oder unter speziellen Auflagen können Ausnahmegenehmigungen erteilt werden. Sowohl die Zuverlässigkeit der Fluggeräte als auch die der automatischen Flugsteuerung erreicht bislang noch nicht die Standards bemannter Flugzeuge und menschlicher Piloten.

Das DLR-Institut für Flugführung in Braunschweig befasst sich mit der Integration der unbemannten Flugzeuge in den allgemeinen Luftverkehr. Dabei werden alle Verfahren untersucht, die für den sicheren Betrieb erforderlich sind: Abfliegen einer Strecke nach Instrumentenflugregeln, Anfliegen von Ausweichflugplätzen, Umfliegen von schlechtem Wetter sowie Notfallverfahren. Unter Nutzung einer eigenen Bodenkontrollstation und ausgebildeten Piloten als „UAS-Piloten“ werden Forschungsflugzeuge des DLR mit Sicherheitspiloten an Bord als Quasi-UAS vom Boden aus geführt. Der gesamte Luftraum wird dann in einer Simulation unter Beteiligung von Fluglotsen simuliert.

Source: http://www.dlr.de/dlr/desktopdefault.aspx/tabid-10213/335_read-1175/year-2011/