Überwachungsskandal in Norwegen: Der Militärgeheimdienst sollte eigentlich nur für die Internetsicherheit sorgen – lauschte aber bei Ministerpräsident und Regierung mit. VON REINHARD WOLFF
[taz.de] STOCKHOLM Ein Überwachungsskandal mit noch unbekannten Ausmaßen wird derzeit in Norwegen aufgerollt. Der militärische Sicherheitsdienst FOST (Forsvarets sikkerhetstjeneste), der u.a. auch für die Internetsicherheit der Regierung beispielsweise durch Hackerangriffe zuständig war, soll diesen Auftrag für eine ungesetzliche Überwachung von Regierung und Ministerien missbraucht haben. Verteidigungsministerin Anne-Grete Strøm-Erichsen beauftragte mittlerweile Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft die Ermittlungen aufzunehmen.
Betroffen von der Lauschaktion sollen im Prinzip alle Beschäftigten in den Ministerien bis hin zu den Kabinettsmitgliedern der rot-grünen Regierung und Ministerpräsident Jens Stoltenberg selbst sein. Laut Pressemeldungen wurde der E-Mail-Verkehr ebenso überwacht wie aufgerufene Internetseiten registriert wurden. "Wir stehen vor einem gewaltigen Skandal", erklärte Bjørn Jacobsen, verteidigungspolitischer Sprecher der zur Regierungskoalition gehörenden Sozialistischen Linkspartei gegenüber der Tagszeitung "VG".
Aufgeflogen war die Geschichte am Mittwochabend in einem Bericht des Fernsehsenders TV2. Danach war bei einer Kontrolle der FOST-Aktivitäten, die durch einen konkreten Überwachungsverdacht eines Ministeriumsangestellten ausgelöst worden sein soll, die Bespitzelung des Datenverkehrs der Regierung entdeckt worden. Technisch erfolgte
diese offenbar durch eine Umleitung der Internetkommunikation aus der Regierungszentrale über militärische Leitungen, die sowieso routinemässig überwacht werden. Geschehen war dies angeblich alles unter dem Gesichtspunkt der Gewährleistung der operativen Internetsicherheit für die Regierung. Diese war aber offensichtlich nicht darüber informiert worden, welche Überwachungsmöglichkeiten damit gleichzeitig verbunden waren. Wobei eine Registrierung und die Kontrolle aufgerufener Webbseiten klar gegen die gegebenen Instruktionen verstossen hätte.
"Ist das alles so wahr, haben wir es mit einer extremen militärischen Subkultur zu tun, die offenbar ganz außerhalb der demokratischen Grundprinzipien lebt", erklärte Lars Sponheim, Vorsitzender der oppositionellen Venstre-Partei: "Das wäre nicht nur eine äusserst ernsthafte Sache, sondern auch ein schwerer Rückschlag." Sponheim
zielt mit dieser Bemerkung auf eine ungute Vergangenheit der norwegischen Geheimdienste ab. Unter dem Vorwand der Sicherheit des Landes hatten diese jahrzehntelang illegal Sozialisten, Kommunisten, aber auch Atomwaffengegner und Mitglieder von internationalen Solidaritätsgruppen überwacht.
Source: http://www.taz.de/1/politik/schwerpunkt-ueberwachung/artikel/1/geheimdienst-belauschte-regierung/
man vergleiche das mit den bekanntgewordenen fänne in:
* griechenland: http://www.quintessenz.at/d/000100003502
* italien: http://events.ccc.de/…track/Society/1986.de.html
in beiden fällen wurde die nach ETSI genormte schnittstelle missbraucht. scheint offenbar ein selbstbedienungsladen für jeden zu sein.
bin ja gespannt ob das hier auch wieder der fall war.
infos zu den ETSI-Schnittstellen für “lawfull interception” gibts hier: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/7/7220/1.html