Kontrollvakuum bei Europol befürchtet

Der innenpolitische Sprecher der Liberalen im EU-Parlament, Alexander Alvaro, hat Alarm geschlagen: Sollte die geplante Befugniserweiterung
von Europol noch diese Woche abgesegnet werden, stünde die europäische
Polizeibehörde ihm zufolge nicht mehr unter parlamentarischer oder
gerichtlicher Aufsicht. Die EU-Abgeordneten sollen bereits am
Donnerstag über den Bericht
von Agustín Díaz de Mera García Consuegra zu dem Vorhaben des EU-Rates
und der EU-Kommission abstimmen und damit grünes Licht für die
Verabschiedung des entsprechenden Beschlusses geben. Alvaro zufolge
würden die Parlamentarier damit zugleich die Aufsicht über das
Polizeiamt verlieren. Grund sei, dass der neue EU-Reformvertrag von Lissabon und das damit neu geregelte Kontrollgefüge noch nicht in Kraft getreten ist.

Zugleich würde Europol bei der Freigabe des Rahmenbeschlusses zu
diesem Zeitpunkt für eine Übergangsfrist von fünf Jahren auch nach
Inkrafttreten des Verfassungsvertrages nicht in den
Zuständigkeitsbereich des Europäischen Gerichtshofes fallen, warnt der
FDP-Politiker weiter. Es sei aus europäischer Sicht "nicht zu
vertreten", diese Mängel ohne Not hinzunehmen. Alvaro erwartet daher
noch vor der entscheidenden Plenarsitzung am Donnerstag eine Zusage des
Rates, den Bericht mit Gültigkeit des Lissabonner Vertrags noch einmal
durch das Parlament überprüfen zu lassen. Andernfalls sei eine
Verschiebung der Abstimmung über die Eingabe der Abgeordneten
unausweichlich. Der gravierende Unterschied: Bislang kommt den
Volksvertretern im Sicherheitsbereich nur eine beratende Funktion zu,
sodass der Rat ihre Stellungnahmen zu Strafverfolgungsthemen ignorieren
kann. Mit dem neuen EU-Vertrag wachsen die Einflussmöglichkeiten der
Parlamentarier.

Der vom Rat bereits prinzipiell befürwortete Vorschlag
der Kommission sieht eine erhebliche Erweiterung der Kompetenzen des
Europäischen Polizeiamtes vor. Während die Zuständigkeit des Amtes
zuvor vor allem auf Bereiche der organisierten Kriminalität beschränkt
war, soll sich diese nun auch auf die Prävention und Bekämpfung von
terroristischen Straftaten sowie die Internetüberwachung erstrecken. Zu
den Kernaufgaben gehören demnach künftig das Einholen, Speichern,
Verarbeiten, die Analyse und der Austausch von Daten mit den
EU-Mitgliedstaaten. Die Datenerhebung zielt ferner erweiternd auch auf
private Stellen und Drittländer ab, wobei die Mitgliedstaaten jeweils
direkten Zugriff auf das Europol-Computersystem haben sollen. Weiter
wird das Polizeiamt auf eine gänzlich neue Vertragsbasis gestellt und
in eine EU-Agentur überführt. Künftig soll so das Ministergremium per
einfachem Ratsbeschluss mit qualifizierter Mehrheit das juristische
Fundament Europols ändern können. (Stefan Krempl) /
(vbr/c’t)

Source: http://www.heise.de/newsticker/meldung/101830/from/atom10