[orf.at] EU-Justizkommissar Franco Frattini hat bei einem Tirol-Besuch am Freitag seine sicherheitspolitischen Visionen verteidigt. Maßnahmen wie die geplanten Iris-Scans auf Flughäfen trügen zur Reisefreiheit bei.
Bei einem Treffen auf Einladung von Innenminister Günther Platter [ÖVP] im Skiort Ischgl sagte Frattini, dass bis 2015 nach Kommissionsschätzungen 1,7 Mrd. Euro in neue Sicherheitssysteme im EU-Raum, etwa für Satellitenüberwachungssysteme, investiert werden sollen. Für die EU sei es unerlässlich zu wissen, wer in diesen Raum einreise und wer sich hier aufhalte. Jeder Missbrauch erfasster Daten werde streng bestraft werden. Für alle unbescholtenen Bürger solle es Reisefreiheit geben.
Das Erfassen der Iris-Daten, das derzeit auf vier europäischen Flughäfen erprobt werde, trage zu einer sicheren Reisefreiheit bei. Frattini verlangte außerdem eine Harmonisierung technischer Standards bei der Außengrenzsicherung sowie den Auf- bzw. Ausbau der Grenzschutzagentur Frontex.
Erleichterungen für "Ehrliche"
Platter unterstrich das gemeinsame Interesse, Freiheit und Sicherheit der EU-Bürger zu gewährleisten. Notwendig sei eine "Balance" zwischen Sicherheit und Kontrolle. Die Vorstellungen Frattinis gingen "in die richtige Richtung", sagte Platter.
Grenzsicherung sei eine europäische Aufgabe. Parallel dazu sollte es Erleichterungen für jene geben, "die es ehrlich meinen" und aus wirtschaftlichen oder touristischen Überlegungen in die einzelnen EU-Länder kämen.
Grüne protestierten vor Hotel
Die Grünen übten am Freitag Kritik an den Plänen. Die Maßnahmen seien "völlig überzogen" und schränkten Bürgerrechte ein, sagte die aus Tirol stammende EU-Abgeordnete Eva Lichtenberger.
Lichtenberger protestierte mit grünen Aktivisten vor dem Tagungshotel der EU-Innenminister Österreichs, Sloweniens und Luxemburgs gegen die geplanten Sicherheitsmaßnahmen. Ihrer Ansicht nach würde die Umsetzung "Überwachungsstaat pur" bedeuten. Das Vorhaben sei strenger als das der USA.
Österreich dürfe nicht Vorreiter sein, wenn Bürgerrechte eingeschränkt würden. Es sei "ein technisches Märchen, dass nur relevante Daten erfasst und verwendet werden", sagte die Abgeordnete.
Frattini will die Mitgliedsländer darauf verpflichten, Millionen Euro für biometrische Erkennungssysteme an den Grenzen zum Schengen-Raum auszugeben. Auch EU-Bürger sollen sich an den Grenzen der Union mit ihren Fingerabdrücken identifizieren.
Mehr Datenaustausch gefordert
Platter und sein luxemburgischer Amtskollege Luc Frieden plädierten nachdrücklich für einen Austausch polizeilicher Ermittlungsdaten zur Verbrechensbekämpfung. Erfolge bei der Übermittlung von DNA-Spuren würden zeigen, dass die polizeiliche Zusammenarbeit noch ausgebaut werden müsse.
Der derzeitige EU-Vorsitzende der Innenminister, der Slowene Dragutin Mate, sicherte Platter die volle Unterstützung in Sicherheitsfragen für die in der Schweiz und Österreich stattfindende Fußball-EM zu. Das werde auch beim EU-Innenministertreffen im März in Slowenien Thema sein.
Mate berichtete von den Schengen-Erfahrungen seines Landes. In den vergangenen Monaten habe es sieben Millionen Anfragen an das Schengen-Informationssystem gegeben. Darunter seien 3.500 positive Treffer gewesen.