Startschuss für Kosovo-Mission der EU: 700 Polizeikräfte zur „Kontrolle von Demonstrationen“

Entsendung von rund 1800 Polizisten, Richtern und Zollbeamten

[nzz.ch] Einen
Tag vor der erwarteten Erklärung der Unabhängigkeit Kosovos hat die EU
den offiziellen Startschuss für ihre bisher grösste zivile
Krisenmission gegeben. Die EU-Staaten billigten die Entsendung von 1800
Polizisten, Richtern und Zollbeamten nach Kosovo.

Einen Tag vor der erwarteten Erklärung der Unabhängigkeit Kosovos hat die EU den offiziellen Startschuss für ihre bisher grösste zivile Krisenmission gegeben. Die EU-Staaten billigten die Entsendung von 1800 Polizisten, Richtern und Zollbeamten nach Kosovo.

(ap/sda)
Die EU-Mission für Kosovo ist endgültig beschlossen. Nach Ablauf einer
Widerspruchsfrist für die 27 EU-Regierungen wurde das Mandat am Samstag
im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Die sogenannte
EUlex-Mission soll aus 1800 Beamten bestehen, darunter Polizisten,
Richter, Staatsanwälte, Zöllner, Justizvollzugsbeamte und
Verwaltungsexperten. Die meisten werden nach Diplomatenangaben
voraussichtlich aus Deutschland und Italien kommen.

Die Mission soll den Aufbau rechtsstaatlicher Institutionen in
Kosovo unterstützen. Es wird erwartet, dass sich die seit 1999 unter
Uno-Verwaltung stehende serbische Provinz am Sonntag für unabhängig
erklärt. Für die Vorbereitung des EUlex-Einsatzes sind nach Angaben
eines EU-Beamten 120 Tage angesetzt. Demnach könnte die Mission
frühestens Mitte Juni die Arbeit aufnehmen. Für die ersten 16 Monate
des Einsatzes sind Kosten von 205 Millionen Euro veranschlagt, das
Mandat gilt zunächst für 28 Monate.

Zum Chef der Mission wurde der französische Ex-General und ehemalige
KFOR-Kommandeur Yves de Kermabon berufen. Zugleich wurde am Samstag
auch die Nominierung des EU-Sondergesandten (EUSR) für Kosovo, Pieter
Feith, offiziell bekanntgegeben. Seine Amtszeit läuft bis Ende Februar
2009. Der niederländische Diplomat Feith soll EUlex-Chef De Kermabon
politisch beraten und später auch die Leitung des sogenannten
International Civilian Office (ICO) übernehmen, einer Art politischen
Vertretung der internationalen Gemeinschaft in Kosovo. Da die Vereinten
Nationen in der Kosovo-Frage gespalten sind, wird das ICO nach Angaben
Brüsseler Diplomaten voraussichtlich allein von der EU und weiteren
westlichen Staaten getragen werden.

Erhebliche exekutive Kompetenzen

Anders als die bisherigen zivilen EU-Missionen soll die
EUlex-Mission neben Beratungs- und Ausbildungsfunktionen auch exekutive
Kompetenzen haben. So sollen unter den Polizisten nach Angaben aus
Diplomatenkreisen 700 sein, die unter anderem zur Kontrolle von
Demonstrationen eingesetzt werden könnten.

Die nach Kosovo entsandten Richter und Staatsanwälte sind
ermächtigt, bestimmte Fälle an sich zu ziehen. Genannt werden im
EUlex-Mandat «Kriegsverbrechen, Terrorismus, organisiertes Verbrechen,
Korruption, ethnische motivierte Verbrechen, Wirtschaftsverbrechen und
andere schwere Fälle». Im Notfall können Vertreter von EUlex in
Absprache mit dem künftigen ICO-Chef Feith sogar «Entscheidungen der
zuständigen kosovarischen Behörden rückgängig machen oder annullieren».

Mandat auf Völkerrecht gestützt

Die völkerrechtliche Grundlage des Einsatzes war innerhalb der EU
lange umstritten. Das Mandat stützt sich auf die Uno-Resolution 1244
aus dem Jahr 1999, auf deren Grundlage bereits die laufende Uno-Mission
in Kosovo stationiert wurde. Das EU-Mitglied Zypern hatte dies zunächst
abgelehnt, weil in der Präambel der Resolution 1244 die territoriale
Unversehrtheit der Bundesrepublik Jugoslawien hervorgehoben wird. Deren
Rechtsnachfolgerin, die Republik Serbien, wird mit der bevorstehenden
Unabhängigkeitserklärung des Kosovos geteilt werden.

Zudem legt es die Resolution 1244 in die Hände des
Uno-Generalsekretärs, «eine internationale zivile Präsenz in Kosovo zu
etablieren». Eine Ermächtigung von Uno-Generalsekretär Ban Ki Moon für
die EU-Mission steht bislang jedoch aus. Ban habe aber «die
Bereitschaft der EU, eine grössere Rolle im Kosovo zu spielen, zur
Kenntnis genommen», heisst es im EUlex-Mandat.

Source: http://www.nzz.ch/_1.672166.html 

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