Sicherheitsstrategie von CDU und CSU: Mehr Auslandseinsätze. Plädoyer für US-Raketenschild
[welt.de] In Deutschlandsoll
es künftig einen Nationalen Sicherheitsrat nach Vorbild der USA geben,
fordern CDU und CSU. "Um ein kohärentes Zusammenwirken aller Kräfte der
inneren und äußeren Sicherheit zu gewährleisten, ist ein Nationaler
Sicherheitsrat als politisches Analyse-, Koordinierungs- und
Entscheidungszentrum einzurichten", heißt es in dem "Entwurf für eine
Sicherheitsstrategie für Deutschland".
Das 16-seitige
Papier der Unionsfraktion im Bundestag, das der "Welt am Sonntag"
vorliegt, beinhaltet umfassende Änderungen in der deutschen
Sicherheitspolitik. Das Konzept, das unter der Federführung von
Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) erarbeitet wurde, ist mit
Kanzlerin Angela Merkel, Innenminister Wolfgang Schäuble und
Verteidigungsminister Franz Josef Jung (alle CDU) abgestimmt. Es soll
am Dienstag in der Fraktion beschlossen und am Mittwoch vorgestellt
werden.
Der Sicherheitsrat solle ressortübergreifend
Bedrohungen analysieren sowie die zivil-militärische Krisenbewältigung
im In- und Ausland koordinieren, so die Union. Grundlage dafür soll der
Bundessicherheitsrat sein, dem neben dem Kanzler verschiedene Minister
angehören und der heute vor allem über die Ausfuhrgenehmigungen für
Rüstungsgüter entscheidet.
Neben der Forderung nach
einem Sicherheitsrat, der dem Kanzleramt angegliedert werden soll und
somit auf den Widerstand von Außenminister Frank-Walter Steinmeier
(SPD) stoßen dürfte, enthält die Sicherheitsstrategie weitere Punkte,
die zwischen Union und SPD umstritten sind. Unter anderem fordert die
Union erneut den Einsatz der Bundeswehr im Inneren. Zudem sprechen sich
CDU und CSU für den Raketenschild aus, den die USA planen. Weiter will
die Union das Parlamentsbeteiligungsgesetz ändern, da die Bundeswehr
bei multinationalen Einsätzen "auch dann kurzfristig einsatzfähig" sein
müsse, "wenn eine Entscheidung des Deutschen Bundestages nicht
herbeigeführt werden kann".
Beim Thema Bundeswehr im
Inneren geht die Union in die Offensive. "Die Erhöhung der
Wehrhaftigkeit Deutschlands nach außen wie nach innen muss sich auch
organisatorisch in der deutschen Sicherheitsarchitektur
niederschlagen", heißt es in dem Papier. "Für Aufgaben des
Heimatschutzes, wie Pionieraufgaben, Sanitätswesen und ABC-Abwehr,
müssen aus dem Personalbestand der Bundeswehr ausreichend Soldaten zur
Verfügung stehen."
Bislang kann die Bundeswehr im
Frieden nur im Fall schwerer Unglücke eingesetzt werden, um die Polizei
zu unterstützen. Pläne für eine Grundgesetzänderung scheitern derzeit
am Widerstand der SPD.
Zudem wollen CDU und CSU an der
nuklearen Teilhabe Deutschlands in der Nato festhalten. Auch der
Raketenschild der USA wird begrüßt, da Deutschland sich besser gegen
einen terroristischen Angriff mit Massenvernichtungswaffen schützen
müsse. "Die im Rahmen der Nato seit Langem bestehende nukleare Teilhabe
garantiert Deutschland Einfluss. Systeme wie Raketenabwehr und andere
Schutzkomponenten lassen den Erwerb von Nuklearwaffen weniger attraktiv
werden und sind daher im deutschen Interesse", heißt es. Die SPD will
sich aus der nuklearen Teilhabe, die Nato-Mitglieder ohne eigene
Atomwaffen in die Planung des Einsatzes dieser Waffen einbezieht,
verabschieden.
In Anlehnung an die Europäische
Sicherheitsstrategie von 2003 definiert die Union deutsche
Sicherheitsinteressen. Dazu zählen ungehinderter Welthandel und die
Zusammenarbeit mit "den Staaten, die unsere Ziele und Werte teilen".
Angesichts der "steigenden Zahl von Krisen, die sich negativ auf unser
Land auswirken", müsse sich Deutschland "auf weitere länger andauernde
Einsätze der Bundeswehr, zur Friedensstabilisierung und zur
Friedenserzwingung, vorbereiten". Für Auslandseinsätze sollten mehr
Polizisten bereitstehen.
Fraktionschef Kauder will die
Akzeptanz von Bundeswehreinsätzen wie in Afghanistan stärken. "Ich
weiß, dass die Menschen diesen Einsätzen mit Skepsis gegenüberstehen",
sagte er. "Aber dieses Engagement fügt sich in ein
sicherheitspolitisches Gesamtkonzept ein." Der Sicherheitsrat solle
sich früh mit Krisen befassen, etwa bei der Energieversorgung. "Wie
sollen wir reagieren, wenn die Chinesen in Afrika Diktatoren
unterstützen, um sich den Zugang zu Rohstoffen zu sichern?", sagte
Kauder. Um von Rohstoffimporten unabhängiger zu werden, solle
Deutschland eigene strategische Reserven bilden.
Source: http://www.welt.de/wams_print/article1962897/Union_will_Nationalen_Sicherheitsrat.html