Bürgerrechtler rufen zur Großdemo gegen Überwachung nach Berlin

[heise.de] Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung hat nun gemeinsam mit einer
Reihe weiterer Bürgerrechtsorganisationen auch offiziell für den 11.
Oktober zu einem Marsch durch Berlin geladen, um gegen den
Überwachungswahn zu protestieren. "Staat und Unternehmen registrieren,
überwachen und kontrollieren uns immer vollständiger", heißt es im Aufruf für die Kundgebung.
"Egal, was wir tun, mit wem wir sprechen oder telefonieren, wohin wir
uns bewegen oder fahren, mit wem wir befreundet sind, wofür wir uns
interessieren, in welchen Gruppen wir engagiert sind – der ‚große
Bruder‘ Staat und die ‚kleinen Brüder und Schwestern‘ aus der
Wirtschaft wissen es immer genauer." Der daraus resultierende Mangel an
Privatsphäre und die Vertraulichkeit gefährde die Freiheit des
Glaubensbekenntnisses, die Meinungsfreiheit, die Pressefreiheit, die
Koalitionsfreiheit, Unternehmensintegrität, die Arbeit von Ärzten,
Beratungsdiensten und Rechtsanwälten.

Zu den Organisatoren der geplanten Großdemo unter dem Motto "Freiheit statt Angst",
die vom Alexanderplatz am Neptunbrunnen vor dem Roten Rathaus zum
Brandenburger Tor führen soll, gehören unter anderem auch der Deutsche
Journalistenverband (DJV), der Chaos Computer Club (CCC), die Datenschutzvereinigung FoeBuD und die Piratenpartei Deutschland.
Sie sind sich einig, dass es höchste Zeit ist, "vor dem Hintergrund
permanenter Verschärfungen von Sicherheits- und Überwachungsmaßnahmen
für die Verteidigung unserer Grundrechte auf die Straße zu gehen".

Die Demonstration wendet sich vor allem gegen die für Herbst
geplante Aufrüstung des Bundeskriminalamts zu einer zentralen,
exekutiven Polizeibehörde mit der Befugnis zum geheimen Ausspionieren
von Privatcomputern durch verdeckte Online-Durchsuchungen.
Weitere Forderungen sind die Abschaffung der flächendeckenden
Protokollierung der Kommunikation und der Standorte der Bürger durch
die Anfang des Jahres in Kraft getretene Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten sowie der Widerstand gegen eine pauschale Registrierung von Flugpassagierdaten und den kaum beschränkten Austausch sensibler Polizeidaten mit den USA sowie anderen Staaten. Auf der schwarzen Liste der Bürgerrechtler stehen zudem etwa die geplante Überwachung und Filterung der Netzkommunikation im EU-Telecom-Paket, biometrische Ausweis- und Reisedokumente oder Videoüberwachung und automatische "Verhaltenserkennungssysteme".

Schon im Vorfeld hatten Mitstreiter des Zusammenschlusses von Datenschützern und Internetnutzern die Erwartungen für die Großdemo hochgesteckt:
"Ich will in Berlin 80 Millionen Menschen auf der Straße sehen", sagte
padeluun vom FoeBuD halb scherzhaft unter Anspielung auf den
Generalverdacht gegen alle Bürger mit der Vorratsdatenspeicherung. Nach
der im vergangenen September mit über 15.000 Menschen größten
Protestaktion für Demokratie und Bürgerrechte seit 20 Jahren, die
ebenfalls in Berlin stattfand, würden in diesem Jahr erstmals in
verschiedenen Ländern gleichzeitig Menschen für ihre Freiheit auf die
Straße gehen, berichtet der Arbeitskreis nun. Bereits 15 Länder
weltweit hätten ihre Teilnahme an dem entsprechenden internationalen Aktionstag am 11. Oktober angekündigt.

Wehren wollen sich die Vertreter der Zivilgesellschaft mit dem
Protest letztlich gegen "die mit Kriminalitätsgefahren begründete
politischen Spirale innerer Aufrüstung". Ein Moratorium für sämtliche
Überwachungsvorhaben, der Abbau von Massenüberwachung und die
Erweiterung digitaler Rechte sollen ihrer Ansicht nach die
Freiheitsrechte der Menschen stärken. Die Aktivisten fordern zudem eine
unabhängige Überprüfung sämtlicher geplanter und bereits geltender
Überwachungs- und Kontrollbefugnisse auf ihre Wirksamkeit und
schädlichen Nebenwirkungen.

Im Vorfeld des Aktionstages hat der Arbeitskreis bereits am 20. September in München gleichsam als Warmup die Demonstration "Freiheit Weiß-Blau" gegen das verschärfte bayerische Versammlungsgesetz und weitere Überwachungsmaßnahmen wie die Novelle des bayerischen Polizei- und Verfassungsschutzgesetzes angesetzt. International sollen besorgte Bürger zudem am 22. September in vielen Städten im Rahmen des OneWebDay für den Aktionstag "Freiheit statt Angst" mobilisieren.

Unterdessen ist auch die Organklage (PDF-Datei) der Grünen gegen die Vorratsdatenspeicherung öffentlich einsehbar. Das Besondere am Vorgehen der Oppositionspartei
ist, dass die Grünen eine Verletzung ihrer Rechte als Abgeordnete
geltend machen und somit der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts
dafür zuständig ist. Mit der von über 34.000 Bürgern unterstützten Klage des Arbeitskreises
ist dagegen der Erste Senat in Karlsruhe beschäftigt. Angegriffen
werden aber jeweils dieselben Normen in der Novelle der Bestimmungen
Telekommunikationsüberwachung. Online verfügbar ist mittlerweile auch
die im Juni angekündigte Verfassungsbeschwerde (PDF-Datei) der Dienstleistungsgesellschaft ver.di. (Stefan Krempl)
(jk/c’t)

Source: www.heise.de 

One response to “Bürgerrechtler rufen zur Großdemo gegen Überwachung nach Berlin”

  1. Peter

    Demos mögen ja ganzu gut sein, aber deren Anzahl ist meisst zu klein um von den Verantwortlichen ernst genommen zu werden.
    Auch lassen sich die Teilnehmer (deren Zieldurchsetzung meisst auch nicht die erforderliche Konsequenz aufweisst) allzuleicht
    von den Verantwortlichen manipulieren (Beispiel: Hartz-IV Demos aus 2004)

    Wer von Euch war an der Ursache der zunehmenden Willkür in einer „BRD“ ändern möchte, dem sei
    die Info unter
    http://politikglobal.blogspot.com/
    2008/07/0807-32-tschs-ad-grundrechte-in.html
    (5. Kommentar vom 22. Juli 2008 05:59)
    drindend empfohlen !!!

    Wenn genug Bürger auch an der dort aufgeführten Musteranfrage teilnhemen, trägt das erheblich zur Lösung zahlreicher Probleme in Deutschland bei (nicht zu verwechseln mit einer „BRD“)

    Für die Leute, die noch nie was von der Rechtsnatur einer „BRD“ deren Sinn und Zweck gehört haben, weil sie sich lieber von „BRD“-Medien gehirnwaschen lassen, mag der Inhalt des v.g. Links, zunächst wie eine kalte Dusche wirken.
    Danach werden diese Leute aber hoffentlich gewisse Dinge überhaupt erst einmal begreifen, wegen des jetzt vorhandenen Hintergrundwissens !!!
    Auch sei angemerkt, dass Probleme nicht dadurch gelöst werden, indem man sich die Welt rosarot sieht und gewisse Tatsächlichkeiten einfach fortwährend ignoriert !!!