EU-Parlament verurteilt biometrische Zwangserfassung von Roma in Italien

[heise.de] Das EU-Parlament hat die italienische Regierung aufgefordert, die umstrittene Erfassung von Fingerabdrücken der im Land lebenden Roma zu beenden. Für eine entsprechende Resolution,
die gemeinsam von ALDE (Allianz der Liberalen und Demokraten für
Europa), den Grünen sowie der GUE/NGL-Fraktion (Vereinte Europäische
Linke/Nordische Grüne Linke) eingebracht worden war, sprachen sich am
heutigen Donnerstag 336 Abgeordnete aus; 220 Parlamentarier stimmen
dagegen, 77 enthielten sich.

Italien hatte Anfang des Monats damit begonnen, die Fingerabdrücke
von in Behelfslagern lebenden Roma (darunter auch die von Kindern) zu
erfassen und in einer Datenbank zu speichern. Das Projekt soll nach
Angaben der Regierung in Rom der "Bekämpfung von Straßenkriminalität"
dienen. Auch könnten dadurch illegale Einwanderer aufgespürt und
abgeschoben werden. Schätzungen zufolge leben rund 150.000 meist aus
Rumänien stammende Roma in Italien, von denen viele aber die
italienische Staatsbürgerschaft haben.

Silvio Berlusconi, der seit Mai wieder das Amt des italienischen
Ministerpräsidenten bekleidet, hatte angekündigt, massiv gegen illegale
Einwanderer vorgehen zu wollen. So soll etwa die Straftat "illegale
Einwanderung" eingeführt und mit bis zu vier Jahren Haft geahndet
werden. Bei Razzien nahm die Polizei bereits Hunderte von Personen
fest. Immer wieder kommt es auch zu Übergriffen der Bevölkerung. Die OSZE
forderte Italien auf, Übergriffe auf das Volk der Roma zu unterbinden.
Die Stigmatisierung von Roma und Einwanderern in Italien schüre
Spannungen und verschärfe die Gefahr von Gewalt.

Laut der heute verabschiedeten Resolution des EU-Parlaments wurden
die Präfekten von Rom, Mailand und Neapel zu sogenannten "Kommissaren
für den Roma-Notstand" ernannt und mit "Sonderbefugnissen für die
Identifizierung von Personen, einschließlich Minderjähriger, auch durch
die Aufnahme von Fingerabdrücken, ausgestattet". Ihnen werde gestattet,
"von einer Reihe von Gesetzen abzuweichen, die ein breites Spektrum von
Fragen betreffen, die die verfassungsmäßigen Vorrechte berühren".

Die Parlamentarier fordern die italienischen Staatsorgane deshalb
auf, von der Erhebung von Fingerabdrücken von Roma, einschließlich von
Minderjährigen, Abstand zu nehmen, "da dies eindeutig einen Akt der
Diskriminierung aus Gründen der Rasse und der ethnischen Herkunft
darstellen würde, der nach Artikel 14 der Europäischen
Menschenrechtskonvention untersagt ist, und außerdem ein Akt der
Diskriminierung der Unionsbürger, die von Roma oder Nomaden abstammen,
gegenüber denjenigen wäre, die eine solche Abstammung nicht haben und
sich solchen Verfahren nicht unterziehen müssen".

Auch sei es unzulässig, "mit dem Ziel, Kinder zu schützen, ihre
Grundrechte zu verletzen und sie zu kriminalisieren". Die
Parlamentarier weisen zudem darauf hin, dass sich "Maßnahmen, die die
Ausgrenzung verstärken, sich bei der Kriminalitätsbekämpfung nie als
wirksam erweisen werden und nicht zur Kriminalitätsverhütung und
Sicherheit beitragen werden". Alle Formen von Rassismus und
Diskriminierung der Roma und anderer Gruppen, die als "Zigeuner"
angesehen werden, seien "nachdrücklich und unmissverständlich" zu
verurteilen.
(pmz/c’t)

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