Polizeigruppe des Europarats fordert Ausweitung der EU-Flugdatenspeicherung

[heise.de] Grenzpolizisten und Zollbeamte des Europarates haben sich dafür ausgesprochen, die geplante 13-jährige Speicherung von Fluggastdaten in der EU deutlich auszuweiten. Laut einem Schreiben (PDF-Datei) der Airport Group aus der Pompidou-Gruppe
des Staatenbundes, an den EU-Ministerrat sollen auch Passenger Name
Records (PNR) bei innereuropäischen Flügen aufgezeichnet werden. Dies
sei nötig, da das Schmuggeln harter Drogen gerade auf Billigflügen
innerhalb Europas stark zugenommen habe. Nach den bisherigen Plänen der EU-Kommission soll die Datensammlung auf Flüge aus der EU hinaus und in sie hinein beschränkt werden.

Geht es nach der Airport Group darf zudem der Zugriff auf die
PNR-Daten nicht auf "organisiertes Verbrechen" oder auf die
Terrorabwehr beschränkt werden. Vielmehr sollte Ermittlern und
ausdrücklich auch Zollbehörden der Zugang zu den Datenpools bei
"schweren Straftaten" offen stehen. Zudem wollen die Mitglieder der
Gruppe online direkt auf die Reservierungssysteme der
Fluggesellschaften zugreifen.

Laut einer Zusammenfassung
(PDF-Datei) des Stands der Dinge der inzwischen beendeten slowenischen
Ratspräsidentschaft von Ende Mai genießt der Kommissionsvorschlag für
ein europäisches PNR-System zumindest bei den EU-Innenministern "breite
Unterstützung". Die zuständige Ratsarbeitsgruppe habe zwei Beratungen
des Entwurfs für einen Rahmenbeschluss durchgeführt. Dabei hätten 14
der 27 Mitgliedsstaaten wie Belgien, Italien oder viele osteuropäische
Länder allgemeine Bedenken gegen das Vorhaben ausgesprochen. Ebenfalls
14 Nationen hätten Vorbehalte nationaler Parlamente angemeldet.

Deutschland habe den Vorstoß generell begrüßt, er müsse aber noch
einer "gründlichen Prüfung" vor allem unter Datenschutzgesichtspunkten
unterzogen werden. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) hatte
sich zuvor wiederholt sehr skeptisch zu dem Plan geäußert. Auch fast alle Fraktionen im Bundestag sowie der Bundesrat protestierten heftig.

Einige Mitgliedsstaaten haben laut dem Papier angemerkt, dass das
skizzierte PNR-System nur als "erster Schritt" gesehen werden könne und
künftig auch andere Reisedaten wie etwa aus dem Bahn- oder
Schiffsverkehr einfließen sollten. Für den Einbezug innereuropäischer
Flüge habe sich keine Mehrheit gefunden. Eine breite Mehrheit habe sich
dafür ausgesprochen, die Daten zunächst nur gegen die aufgeführten
Risikofaktoren organisierter Kriminalität und Terrorismus abzugleichen,
die weitere Nutzung der Informationen etwa auch für die Verfolgung
anderer schwerer Straftaten dann auch zuzulassen.

Die frühere Präsidentschaft hat weiter herausgehoben, dass für das
PNR-Projekt ein eigenes Datenschutz-Regelwerk geschaffen werden sollte.
Umstritten sei noch, ob auch besonders sensitive Daten wie über
Religions- oder Gewerkschaftsangehörigkeit oder sexuelle Vorlieben
erfasst werden dürften. Bislang ist vorgesehen, dass Fluglinien unter
anderem Namen, Geburts- und Flugdaten, Kreditkarteninformationen,
besondere Essenswünsche, Buchungen für Hotels oder Mietwagen sowie
E-Mail-Adressen und Telefonnummern spätestens 72 Stunden vor dem Start
sowie direkt nach dem Abfertigen einer Maschine an so
Informationszentren in jedem Mitgliedsstaat weiterleiten.

Neben dem Bundestag hat sich derweil unter anderem auch das Oberhaus
des britischen Parlaments mit dem Brüsseler Vorstoß kritisch
auseinandergesetzt. In einem 90-seitigen Bericht
(PDF-Datei) kritisieren die Abgeordneten, dass die Regierung in London
in ihren Erklärungen auf den angeblichen Hauptzweck des angestrebten
Rahmenbeschlusses – die Bekämpfung des internationalen Terrorismus –
überhaupt nicht hingewiesen habe. Zudem seien bei einer Anhörung keine
Beispiele für die erfolgreiche Nutzung von PNR-Daten im Bezug auf
terroristische Straftaten zu vernehmen gewesen. Auch von US-Seite, die
seit Längerem Erfahrungen mit der Auswertung von Flugpassagierdaten aus Europa sammelt, seien allein Hinweise auf die Verhinderung oder Verfolgung von Drogendelikten oder Steuerbetrug gekommen. (Stefan Krempl) /
(anw/c’t)

Source: http://www.heise.de