Hessen will Online-Durchsuchung und Kfz-Scanning gesetzlich verankern

[heise.de] Der geschäftsführende hessische Innenminister Volker Bouffier (CDU) hat
heute die Vorschläge der amtierenden Landesregierung zur Anpassung des
Hessischen Landesgesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung
(HSOG) vorgestellt. Zu den Vorschlägen gehört die Einführung der "unbemerkten Online-Durchsuchung und eine Neuregelung der gestoppten
Aufzeichnung von Kfz-Kennzeichen. Außerdem soll die Wohnraumüberwachung
und das Anbringen technischer Überwachungshilfen vereinfacht sowie eine
polizeiliche Befugnis zur Unterbrechung und Verhinderung des
Fernmeldeverkehrs ins Gesetz aufgenommen werden.

Unter Verweis auf die anhaltende öffentliche Diskussion
zum BKA-Gesetz, das in Berlin von der Großen Koalition abgestimmt wird,
wünscht sich Bouffier, dass sich in Hessen eine breite politische
Mehrheit finden wird, die das Sicherheitsgesetz verabschiedet. Die
Notwendigkeit zur heimlichen Online-Durchsuchung begründete Bouffier
mit dem Tatmittel Internet und der Verwendung von Verschlüsselungen
durch Terroristen: "Das Internet ist schon jetzt ein Tatmittel, und es
wird in Zukunft immer wichtiger. Die verdeckte Durchsuchung ist eine
Erfolg versprechende Lösung, weil etwa die Problematik der
Verschlüsselung umgangen wird." Das Scannen von Kfz-Kennzeichen, das
mit der Neufassung des Gesetzes wieder möglich sein soll, nannte
Bouffier eine sinnvolle Maßnahme etwa bei der Überwachung der Anreise
von Problemfans vor einem Fußballspiel.

Im Zuge der Gesetzesreform soll eine "technische Anpassung" der sogenannten Quellen-TKÜ
erfolgen, damit die Skype-Telefonie von möglichen Attentätern und
Terroristen mitgehört werden kann. Außerdem soll eine Neuregelung zur
Rasterfahndung diese wieder ermöglichen, nachdem die Verfassungsrichter
in Karlsruhe den Einsatz dieses Werkzeuges nur bei "konkreter Gefahr"
akzeptierten. Nach Bouffiers Angaben will Hessen außerdem den Schutz
des "Kernbereiches der privaten Lebensführung" bei der Live-Überwachung
einer Wohnung mit dem "Richterband" lösen. Wird es persönlich, soll
nicht mehr mitgehört, sondern mitgeschnitten werden. Ein Richter oder
Vertrauensbeamter wertet dann denn Mitschnitt aus, wobei das kirchliche
Beichtgeheimnis explizit berücksichtigt werden soll. In diesem
Zusammenhang soll nach Bouffiers Vorschlag auch der Teil des
Sicherheitsgesetzes vereinfacht und erweitert werden, der das Betreten
von Gebäuden zum Anbringen technischer Überwachungsmittel regelt.
Schließlich soll die hessische Polizei den Fernmeldeverkehr stoppen
können. Damit soll die Fernzündung von Bomben durch Handys unterbunden
werden.

Die Vorschläge des geschäftsführenden Innenministers zur
HSOG-Änderungen werden von der CDU als Ergänzung zu einem Antrag der
FDP-Fraktion gesehen, mit dem eigentlich nur das Scannen von
Kfz-Kennzeichen möglich gemacht werden soll. Just die FDP-Fraktion hat
in einer ersten Stellungnahme
die Vorschläge von Bouffier jedoch abgelehnt. Wolfgang Greilich,
innenpolitischer Sprecher der FDP im Landtag, erklärte: "Wir Liberale
werden bei unserem klaren Nein zu Online-Durchsuchungen bleiben."
Allerdings sieht die FDP ebenso wie die CDU einen "Regulierungsbedarf"
beim Telefonieren über das Internet. Hier müsse eine Lösung gefunden
werden, die vernünftig von der Online-Durchsuchung abgegrenzt ist. (Detlef Borchers)

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