Berlin: Frontex trifft Militär


[Gipfelsoli] In Berlin findet am 10. und 11. November im Kongreßzentrum am
Alexanderplatz der diesjährige Kongreß zu "Sicherheit und Verteidigung"
statt. Die Veranstaltung wird im Wechsel mit dem "Europäischen
Polizeikongreß" organisiert, der am 10. und 11. Februar 2009, ebenfalls
in Berlin ausgerichtet werden soll. 2008 hatte es erstmals größere
Proteste gegen den Polizeikongreß gegeben.

Wie
der "Polizeikongreß" ist auch das Treffen zu "Sicherheit und
Verteidigung" kein Kongreß im eigentlichen Sinne, sondern ein
Aufeinandertreffen der öffentlichen und privaten Sektoren, sprich,
Sicherheitsindustrie meets Politk und Militär.
Die von der
Zeitschrift "Behördenspiegel" verantworteten Veranstaltungen werden von
Rüstungsfirmen und anderen Flaggschiffen der Sicherheitsindustrie
finanziert. Auf den Webseiten jener Industrie werden die Kongresse als
Messe beworben, was dem eigentlichen Charakter näher kommt. Aussteller
präsentieren an Ständen die neuesten technischen Entwicklungen und
erläutern in Workshops ihre Handhabung. Hochrangige Vertreter der
Industrie dürfen auch ihre Meinung zur Sicherheit der Weltlage zum
besten geben.

Inhaltliche Schwerpunkte liegen dieses Jahr z.B. auf

  • Zukunft der "europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik" (ESDP)
  • Kooperation EU und NATO
  • Automatisierte, softwaregestützte Kommandoführung
  • "Netzwerkzentrierte Operationsführung", Umbau der Armee
  • Das europäische zivil-militärische Sicherheitsforschungsprogramm FP7
  • Computersimulationen als Basis für zukünftige Einsätze
  • Einsatz von Drohnen
  • Nutzung des EU-Satellitenprogramms zur Aufklärung

Der
Kongreß ist eine weitere Schnittstelle zwischen "innerer und äußerer
Sicherheit", deren Notwendigkeit von Innen-, Außen- und
Kriegspolitikern immer vehementer gefordert wird. Im NATO-Strategiepapier, das 5 Ex-Generäle unaufgefordert verfaßt haben,
wird erklärt dass eine sinnvolle "Verteidigung" nur funktionieren kann
auf Basis einer "starken Homeland Security". Gemeint ist das
Zusammenwirken von Polizei und Militär, Zivilschutz, Politik, Forschung
und Akademien und natürlich der Zivilgesellschaft, die sich gemeinsam
an die Front im "Krieg gegen den Terror" stellen sollen.

So
nimmt es auch nicht Wunder, dass sich die Militärs der
"Grenzüberwachung" annehmen. Hierfür wollen sie z.B. den Leiter der
"Grenzschutzagentur Frontex", Ilkka Laitinen, aufs Podium setzen, der
zusammen mit Militärs und dem Direktor von Hewlett Packard über neue
Formen von "Border Management" erläutern soll. Um die Wichtigkeit der
Beziehungen zwischen Militär und EU-Innenpolitik herauszustellen, wird
auch der EU-Kommissionspräsident Barroso auf dem Podium sitzen. Barroso
ist zugleich Kommissar für den Bereich "Justiz, Freiheit und
Sicherheit" (JHA), dem Bereich Innenpolitik der EU. Barroso ist in
diesem Amt Nachfolger von Franco Frattini, der nach den Wahlen in
Italien Außenminister in Berlusconis Kabinett geworden war. Frattini
hat zusammen mit dem deutschen Innenminister Schäuble eine Reihe von Verschärfungen europäischer Innenpolitik angestoßen.

Im offiziellen Panel-Programm
erfährt die AntimilitaristIn, wer noch zum "who is who" der
Sicherheitsindustrie gehört und auf diesen Konferenzen gern gesehen
wird, etwa der "Senior Vice President" von Thales, Markus Hellenthal,
der früher EADS vorstand, oder Jörg Kattein von der Oberhausener
Software-Firma rola Security Solutions.

Wer sich die Mühe machen
möchte herauszufinden, worin die Unterschiede zum "Polizeikongreß"
bestehen, findet dessen Programm für 2009 unter http://www.euro-police.com. Wieder wird sich Frontex-Chef Laitinen ein Stelldichein geben, er trifft dort auch auf Schäuble.

Related: