Die EU plant virtuelle Leibesvisitationen auf Flughäfen

[unwatched.org] Ein Regelentwurf der Europäischen
Kommission sieht die Einführung von Millimeterwellenabbildungsscannern
auf Flughäfen vor, die „individuell oder in Kombination als Erst- oder
Zweitinstrumente und unter festgelegten Bedingungen“ verwendet werden
sollen. Der Scanner soll eine „virtuelle Leibesvisitation“ der
Reisenden innerhalb der EU durchführen.

Die Regelung soll bis Ende April 2010 in allen EU-Ländern eingeführt
werden. Die neue Technologie fertigt ein Abbild eines unbekleideten
Körpers an. Das System wurde bereits auf freiwilliger Basis in Terminal
4 am Londoner Flughafen Heathrow getestet.

Das Verfahren beinhaltet das Beamen elektromagnetischer Wellen der
Passagiere, woraus ein virtuelles, dreidimensionales „nacktes“ Abbild
aus reflektierter Energie entsteht. Das schwarz-weiße Abbild ist
erschreckend plastisch und ruft arge Bedenken in Bezug auf die
Privatsphäre hervor.

Die Europäische Union folgt damit dem „Vorbild“ der Vereinigten
Staaten, wo Scanner auf Flughäfen in New York und Los Angeles
eingesetzt wurden, weil die Technologie Körperumrisse sichtbar macht
und damit auch jedes möglicherweise verstecktes Objekt, wie
Schusswaffen oder Messer erkennen lässt.

Der Regulationsentwurf hat bei Verfechtern der Privatsphäre viel
Unmut und Sorge hervorgerufen: „Ich habe nicht den Eindruck, dass sich
die Leute bewusst sind, was diese Scanner machen können und wie
entwürdigend es ist, seinen Körper derart ausstellen zu müssen.
Heathrow hat gut daran getan, den Einsatz abzubrechen; diese Scanner
sollten in Großbritannien nicht verwendet werden, außer als Alternative
zu tatsächlichen Leibesvisitationen,“ sagte Gareth Crossman, Policy
Director von Liberty. Tony Bunyan, der Herausgeber von Statewatch
glaubt seinerseits, dass die Technologie „Leute einschließlich Frauen,
alter Menschen und Kinder einer derart beschämenden und würdelosen
Prozedur“ aussetzen würde. „Es hat den Anschein, als handle es sich
hierbei um einen weiteren Fall von „wenn es technologisch möglich ist,
sollte es auch eingesetzt werden“ handelt, ohne dass man sich über die
Angemessenheit, die Privatsphäre und Bürgerrechte auch nur Gedanken
macht.“

Außerdem wurden auch Bedenken über die Sicherheit der neuen
Technologie laut. Paolo Costa, der Vorsitzende des Transportkomitees
des Europäischen Parlament warf in einem Brief an die Kommission
zahlreiche Fragen in Bezug auf das Verfahren auf, so wie z.B. ob die
Technologie vom medizinischen Standpunkt aus sicher sei oder im
Hinblick darauf, wie die Abbilder gespeichert und gelöscht würden.

Der britische Schattenminister Dominic Grieve wies darauf hin, dass,
selbst wenn die Scanner sich als effektive Sicherheitsinstrumente
herausstellen sollten, die Britische Regierung zuallererst die
britischen Sicherheitsauflagen zu berücksichtigen habe „statt sich den
Ordern aus Brüssel zu unterwerfen“ und dass die Einführung „auf eine
angemessene Art und Weise“ vonstatten gehen müsse. „Die Minister müssen
öffentlich und ausführlich erklären, was diese Vorschläge tatsächlich
beinhalten und warum sie für das Vereinigte Königreich erforderlich
sein sollen.“

Timothy Kirkhope, ein konservativer MEP im Transportkomitee äußert
weitere Bedenken; er zeigte sich besorgt darüber, dass die neuen
Sicherheitsregulierungen eingeführt werden könnten, ohne dass
Diskussionen darüber abgehalten werden und ohne die Öffentlichkeit mit
einzubeziehen. „Es darf nicht angehen, dass nicht gewählte Beamte der
Kommission oder Sicherheitsbürokraten diese Maßnahmen einführen, ohne
dass gewählte MEPs oder MPs irgendetwas dagegen unternehmen können.“

Commission
Regulation of supplementing the common basic standards on civil
aviation security laid down in the Annex to Regulation (EC) No 300/2008

ACLU Backgrounder on Body Scanners and "Virtual Strip Searches" (6.06.2008)

Paolo Costa’s letter to the European Commission (26.09.2008)

EU to introduce ‚virtual strip searches‘ at airports by 2010 (1.10.2008)