Großbritannien: Neues Urteil bestätigt Pflicht zur Herausgabe von Passwörtern

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In
Großbritannien gilt im Rahmen der sehr strengen neuen
Antiterror-Gesetzgebung seit dem Jahr 2000 der sogenannte RIPA
(Regulation of Investigatory Powers Act). Dieser beinhaltet unter
anderem die Regelung, dass man auf Anweisung der Ermittlungsbehörden
verpflichtet ist, die Passwörter für Computer oder andere elektronische
Geräte (und auch die Schlüssel für eventuell zum Einsatz kommende
Kryptographie) herauszugeben. Anderenfalls kann man bis zu zwei Jahre
(in Fällen, die die nationale Sicherheit betreffen, bis zu fünf Jahre)
in Haft genommen werden. Nun gab es ein neues, sehr bedeutendes Urteil
zu diesem Gesetz.

Das Berufungsgericht entschied, dass ein
von dieser Regelung Betroffener sich nicht weigern darf, sein Passwort
herauszugeben, weil er sich damit (beziehungsweise mit den
entschlüsselten Daten)
möglicherweise selbst belasten würde. Die beiden Kläger (Verdächtige in
einem anderen Verfahren) hatten sich an das Gericht gewandt, weil sie
der Meinung waren, die Herausgabe ihrer Keys sei nicht vereinbar mit
ihrem Recht, sich vor Gericht nicht selbst belasten zu müssen. Das
Gericht stimmte dieser Ansicht nicht zu.

Begründet wurde dieses Urteil von den Richtern damit, dass ein
Passwort oder Key einem physischen Schlüssel gleichzusetzen ist. Somit
existiert er "unabhängig vom Willen einer Person." Damit sei der
Schlüssel als "neutral" anzusehen, ganz egal, wie die damit zu
erreichenden Inhalte aussehen, so die Richter.

Dieses Urteil kommt noch dazu zu einem Zeitpunkt, zu dem es
Sicherheitsexperten erste Angriffe auch auf sogenannte "hidden
volumes", also "versteckte" Partitionen oder Container, gelungen sind.
Auch die Hoffnung, sich der Verpflichtung zur Herausgabe eines
Passworts dadurch zu entziehen, dass man die Ermittler über die
Existenz der verschlüsselten Daten im Unklaren lässt, könnte sich also
als trügerisch erweisen. Somit sieht es schlecht aus für diejenigen,
die in England zum Ziel eines Ermittlungsverfahrens werden und den
Behörden keinen Zugriff auf ihre Daten ermöglichen wollen. (Annika Kremer)

Source: http://www.gulli.com/news/gro-britannien-neues-urteil-2008-10-19/