EU-Innenminister kämpfen mit Datenbanken

[futurezone.orf.at] Von Fluglinien erhobene Passagierdaten sollen nach Plänen der EU zur Verbrechensbekämpfung staatlich ausgewertet werden. Außerdem soll das Schengen-Informationssystem automatisch mit der Visumsdatenbank abgeglichen werden. Hinter den Kulissen sind sich die Minister aber keineswegs über das weitere Vorgehen einig.

Die EU-Innenminister arbeiten bereits an der Definition eines europäischen Passagiernamenregisters (PNR), müssten das Vorhaben aber mit dem Europaparlament abstimmen, sagte die französische Ratsvorsitzende Michele Alliot-Marie nach Beratungen mit ihren Amtskollegen am Donnerstag in Brüssel. Mehrere EU-Staaten, darunter Österreich, haben aber Bedenken und stehen der zusätzlichen Erhebung und längerfristigen Speicherung von Daten eher kritisch gegenüber.

Auf der Pressekonferenz nach der Sitzung bekräftigte Alliot-Marie die Absicht der Innenminister, die Datenprofile aus den Flugbewegungen und der Schengen-Visa-Datenbank dazu zu nutzen, Terroranschläge im Vorfeld zu verhindern. Das soll, so eine Mitteilung des Rats vom Donnerstag, auch über einen automatisierten Abgleich der Visa-Datenbank durch das Schengen-Informationssystem SIS II erreicht werden.
Speicherung für zehn Jahre

Während die Fluglinien ihre PNR üblicherweise nach wenigen Monaten wieder löschen, sehen die französischen Vorschläge eine staatliche Speicherung der PNR-Daten für bis zu zehn Jahre vor. Davon betroffen wären 18 Informationsfelder auch von unbescholtenen Bürgern. Die im PNR erhobenen Informationen wie Name, Geschlecht und Kreditkartennummer könnten Sicherheitsexperte zufolge in drei Ebenen genutzt werden: zur Erstellung von Persönlichkeitsprofilen, zum Abgleich mit Fahndungsdatenbanken und zur Nachrecherche bei terroristischen Aktivitäten und schweren Verbrechen. Im Reiseverkehr zwischen EU und USA werden die Passagierdaten von den USA 17 Jahre lang vorgehalten.

Der tschechische Innenminister Ivan Langer sagte, sein Land wolle die EU-Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2009 nutzen, um juristische Rahmenbedingungen für das Projekt zu schaffen. "Es ist aber sehr schwierig zu sagen, ob PNR bis Ende 2009 fertig sein könnte", so Langer.
Bedenken Österreichs

Innenministerin Maria Fekter (ÖVP) zufolge wurde eine "Reflexionsphase" während des tschechischen Ratsvorsitzes vereinbart. Fekter betonte auch, die Bedenken Österreichs und Deutschland hinsichtlich der Rechtsgrundlagen, des Mehrwerts und der der Datenspeicherung seien in das nun vorliegende Papier des Ratsvorsitzes zum Thema PNR eingeflossen.

Alliot-Marie hob dagegen Erfolge bei nationalen PNR-Projekten hervor. In Dänemark und Frankreich nutze man die Daten bereits gegen Menschenschmuggler, Paris führe den Kampf gegen Drogenschmuggel auf dem Luftweg mit Hilfe von PNR. (APA/dpa/futurezone)

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