Im Internet machen Radikale mobil

[badische-zeitung.de] STUTTGART.
Der Verfassungsschutz rechnet mit gewalttätigem Widerstand gegen den
Nato-Gipfel im April in Kehl, Baden-Baden und Straßburg. Die
Aktivitäten der meist linksextremen Gegner werden in einem erst vor
wenigen Wochen eingeweihten Internet-Zentrum nachrichtendienstlich
überwacht.

Knapp 380 000 Euro hat das Internet-Zentrum gekostet, aus dem
der Verfassungsschutz in enger Kooperation mit dem Landeskriminalamt
die Publikationen und Ankündigungen von Rechts- und Linksextremen sowie
islamistischen Terroristen zu überwachen versucht. Mit hohem
technischen Aufwand surfen bis zu sechs Mitarbeiter im Netz – gezielt,
systematisch und sprachlich wie landeskundlich geschult.

Im September hatte Innenminister Heribert Rech den offiziellen
Startschuss gegeben, gestern präsentierte die
Verfassungsschutzpräsidentin Beate Bube das Kompetenzzentrum. Ganz nach
Art der Schlapphüte: Wer wie unter welchem Deckmantel im Netz zugange
ist, welche Einzelschritte zur Enttarnung potenzieller Täter notwendig
sind und wann welche Ergebnisse an die Kripo weitergeleitet werden,
lassen die Verfassungsschützer nur ahnen: "Was technisch möglich und
juristisch erlaubt ist, machen wir."

Erlaubt ist, wenn sich die Verfassungsschützer anonym und unter
fremden Namen in Diskussionsforen einmischen, nicht legal wäre,
Passwörter zu knacken und in geschützten Bereichen Informationen zu
sammeln. Es gehe nicht um Observierung in Einzelfällen, sondern um die
Analyse radikaler Phänomene, um Propaganda, um die Kontrolle von
Gästebüchern. "Es ist nicht unsere wichtigste Aufgabe, die
Strafverfolgung sicherzustellen", sagt Bube, "sondern langfristig
gewalttätige Strömungen zu analysieren."

Auch die Rechtsextremen interessieren sich für den Gipfel

Schon lange vor der Einrichtung des neuen Kompetenzzentrums, nämlich
seit Mitte der 80er Jahre, klärt der Verfassungsschutz auf, wer wie
vernetzt ist. Deshalb weiß man, dass mehr als 500 gewaltbereite
Linksextremisten im Land leben. Deren Aktivitäten ließen darauf
schließen, sagt Bube, dass es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen
beidseits des Rheins komme, wenn am 3. und 4. April in Kehl, Straßburg
und Baden-Baden der Nato-Gipfel stattfinde. Zu diesem Gipfel werden
mehr als 6000 Teilnehmer erwartet. Auch Rechtsextremisten erkennen den
Gipfel mittlerweile als Thema.

Das Internet gilt dem Verfassungsschutz und dem Landeskriminalamt
als Fernuniversität islamistischer Terroristen, die dabei auch
interaktive Plattformen wie das Videonetzwerk Youtube nutzen. Die Zahl
gewaltbereiter Islamisten ist allerdings geringer, etwa zehn sind es im
Südwesten. Ein Mitarbeiter des Landeskriminalamts, der seinen
Arbeitsplatz ebenfalls in der neuen Internetzentrale hat, versichert:
"Da sind wir nahe dran."

Source: http://www.badische-zeitung.de/suedwest-1/im-internet-machen-radikale-mobil–8444755.html