Zahl der Terroranschläge in Europa gesunken

[stern.de] Separatistische Gewalttäter wie die baskische ETA haben 2008 in Europa weit mehr Anschläge verübt als islamistische Terroristen. Insgesamt ist die Zahl terroristischer Angriffe in der EU im Vergleich zum Vorjahr gesunken.

Zugenommen haben aber Attacken linksextremer und anarchistischer Gruppen. Das geht aus dem am Freitag in Den Haag veröffentlichten Terrorismus-Jahresbericht der Europäischen Polizeibehörde Europol hervor. Weltweit werde der islamistische Terrorismus aber weiterhin als größte Gefahr angesehen.

EU-Staaten meldeten für das vergangene Jahr 515 «fehlgeschlagene, vereitelte oder gelungene terroristische Anschläge». Der Anteil der als «gelungen» eingestuften Attacken lag bei 90 Prozent – größtenteils Brandstiftungen oder kleinere Explosionen ohne Tote. Insgesamt verzeichnet der Bericht gegenüber 2007 einen Rückgang von Terroranschlägen in der EU um 23 Prozent. 1009 Menschen wurden in EU-Ländern unter Terrorismus-Verdacht festgenommen. 384 kamen vor vor Gericht, wobei 29 Prozent freigesprochen wurden.

Mit Ausnahme eines Bombenanschlags in Großbritannien seien «in der EU 2008 durch islamische Terroristen keine erfolgreichen Anschläge verübt» worden. «Ungeachtet der Tatsache, dass es 2008 in der EU nur einen islamistischen Terroranschlag gab, wird der islamistische Terrorismus weltweit weiter als die größte Gefahr angesehen», heißt es in dem Bericht. In mehreren Staaten, darunter Deutschland, gingen Behörden davon aus, dass die Gefahr von Anschlägen islamischer Extremisten mit dem Ziel, Massen von Menschen zu töten, weiterhin hoch ist.

Dabei spielten Militäreinsätze von Europäern in muslimischen Ländern eine große Rolle. So wird unter anderem auf Video-Drohungen gegen die Bundesrepublik wegen des Einsatzes deutscher Soldaten in Afghanistan verwiesen.

Unter dem Verdacht, an der Vorbereitung islamistisch motivierter Anschläge beteiligt zu sein, wurden in der EU im vergangenen Jahr 187 Menschen festgenommen – sieben Prozent weniger als 2007. Die meisten von ihnen in Frankreich und Spanien mit 78 sowie 61 Festnahmen. Vereinzelte Festnahmen mutmaßlicher islamistischer Terroristen habe es auch in Deutschland, Belgien, Dänemark, Irland, Italien, den Niederlanden, der Slowakei und in Schweden gegeben.

Viele der Festgenommenen stammten aus Ländern Nordafrikas sowie aus Pakistan, Afghanistan und der Türkei. Derweil sei der Irak als bevorzugtes Ziel für «freiwillige» Terror-Kämpfer aus Europa durch Afghanistan und Pakistan abgelöst worden.

Am stärksten seien die EU-Staaten mit «ethno-nationalistischem und separatistischem Terrorismus» konfrontiert gewesen. So habe die baskische ETA in Spanien vier Menschen bei Anschlägen getötet. Trotz der Friedensvereinbarung in Nordirland seien dort noch gewalttätige separatistische Splittergruppen aktiv. Insgesamt sei auch die Zahl der Anschläge separatistischer Organisationen gesunken – von 532 im Jahr 2007 auf 397 im Jahr 2008.

Linksextreme und anarchistische Gruppen verübten 28 Anschläge, vor allem auf Einrichtungen von Unternehmen und Regierungen – alle in den drei Staaten Griechenland, Spanien und Italien. Das entspricht einer Steigerung um 25 Prozent. Terroranschläge von Rechtsextremen wurden nicht berichtet. In beiden Szenen gab es Ausschreitungen, die nicht als Terrorismus eingestuft wurden.

Kriminelle Aktivitäten sind laut Europol die wichtigste Form der Geldbeschaffung für Terroristen aller Couleur. Sie reichten von Betrugsdelikten und Geldfälschungen bis zu Einbrüchen, Entführungen und Erpressungen. Das Internet spielt für Terrorgruppen eine immer wichtigere Rolle: «Es ermöglicht Anonymität beim Austausch von Informationen und es macht es diesen Organisationen leicht, zu kommunizieren und Propaganda zu verbreiten.»

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