Polizei und Innenpolitik: Lukrativer Markt für Sicherheitsindustrie

Redebeitrag auf der Demonstration gegen den "11. Europäischen Polizeikongreß"

Gipfelsoli Infogruppe

Der Kongreß ist eine Schnittstelle zwischen Sicherheitsindustrie und Innen- bzw. Außenpolitik. “Gold Sponsors” sind die Rüstungsfirma EADS und der Software-Konzern SAP. Verschiedene Branchen bewerben ihre Produkte an Messeständen. Dort bleibt “genügend Zeit und Gelegenheit für intensive Kontakte zwischen Besuchern und den Ausstellern”.
EADS bewirbt seine Produkte mit “450 Millionen europäische Bürger haben das berechtigte Bedürfnis nach Sicherheit" . Ein Mitarbeiter des Bereichs “Innere Sicherheit” des Software-Konzerns SAP beschreibt das Engagement seines Konzerns als einen “unternehmerischen Beitrag zur Sicherstellung der Sicherheit und Schutz der Bürger durch Übernahme von Verantwortung als strategischer Partner und Stärkung der nationalen Interessen auf dem internationalen Markt”. Es geht also: um nationale Interessen, da hilft die Industrie den Innenpolitikern gern.Der “Markt für Sicherheitsprodukte” ist beträchtlich: Bundesweit 1 Million Feuerwehr-Angehörige (30.000 “professionelle”, 280.000 Polizisten, 170.000 private Wachdienste wollen mit neuen Systemlösungen versorgt werden.
VertreterInnen der Sicherheitsindustrie präsentieren Technologie, um die polizeiliche Überwachung zu perfektionieren. Einen Schwerpunkt bildet Biometrie mit Soft- und Hardware zur Gesichtserkennung, die Speicherung elektronischer Fingerabdrücke auf ID-Cards und Iris-Scanning. Anbieter konkurrieren bei der Einführung von Kennzeichen-Lesesystemen, der Umsetzung von verschlüsseltem Digitalfunk, mobiler Telekommunikation oder der Implementierung von RF-ID-Chips. Die größte Herausforderung für die “Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben” scheint die Datensammlung zu sein. Mehrere Referate von Behördenleitern und Herstellern beschäftigen sich mit Software zur Erhebung und Verwaltung von Daten, Schnittstellen zu europäischen Datenbanken und Informationsaustausch unter Behörden.

Die “größte Herausforderung in Zeiten des Information Overkill”, erklärt ein "Senior Vice President" bei EADS, “liegt nicht mehr in der Informationsgewinnung, sondern vielmehr in der Informationsauswertung". Dazu wird neue Software benötigt, die in den immensen Datenmengen der Verfolgungsbehörden sinnvoll suchen kann.

Ein Anbieter von “Organisationsübergreifender Ermittlungskooperation” ist rola Security Solutions aus Oberhausen. Ihre Software wird bereits von mehreren Landeskriminalämtern, dem Bundeskriminalamt (BKA) und der Bundespolizei genutzt. Mit der Software lassen sich nicht nur Beziehungen zwischen Personen, Informationen und Sachen analysieren und grafisch darstellen, sie verfügt auch über Schnittstellen etwa zu Telekommunikationsprovidern oder der Antiterrordatei.

Einen deutlicheren Kurs schlägt die Firma SPSS ein. SPSS wird beworben als “Marktführer in vorhersagender Analyse”. Mittels verhaltensforschender Software gehen Verfolgungsbehörden in ihren Datenbanken auf die Suche nach zukünftigen Delinquenten.

Damit manifestiert sich eine Verschiebung in der sogenannten Kriminalitätsbekämpfung, die auch von den Innenpolitikern auf dem Polizeikongreß gern mitgetragen wird. Mittels Risiko-Analyse wollen sie "sicherheitskritisches Verhalten" vorhersehen und diskret unterbinden. Damit werden etwa MigrantInnen an den EU-Grenzen abgehalten ("Migrationsabwehr") oder Proteste gegen G8-Treffen kanalisiert und bekämpft ("Handhabung von Menschenmassen").

Wir lassen uns nicht handhaben! Für mehr sicherheitskritisches Verhalten! Der Sicherheitsindustrie auf die Finger klopfen!