Wir ham wat zu verbergen![1]


Am 29. und 30. Januar 2008 findet im Congress Center am Berliner Alexanderplatz der „11.
Europäische Polizeikongress“ statt. Finanziert von EADS und SAP treffen sich Nachrichtendienste,
Polizeiführer, PolitikerInnen und Sicherheitsindustrie unter dem Motto „Europäische
Sicherheitsarchitekturen: Informationstechnologie – Ermittlung – Einsatz“.

Wider den 11. Europäischen Polizeikongress – Das Hohelied der illegalen Praxis!

Ein Hoch dem Kaugummi im Fahrkartenautomaten, dem Riss in der Linse der
Überwachungskamera, dem hochroten Kopf des wutschnaubenden Büttels, der das Nachsehen
hat.

Wir begrüßen es, wenn Menschen heimlich Pässe fälschen und nach Europa kommen, weil sie
in einem Teil der Welt geboren wurden, auf dessen Reichtümern der Wohlstand Europas erst
errichtet wurde. Die Innen- und VerteidigungsministerInnen dieses Europas und ihre
bewaffneten Handlanger heißen wir nicht willkommen.

Dem RFID-Chip, der in der Mikrowelle unbrauchbar wird, dem Taser, der einem Bullen aus der
Hand geschlagen wird, weinen wir keine Träne nach. Weg mit Rüstungskonzernen wie EADS
und der Softwarefirma SAP. Vernetzte Kriegsführung wird immer nur für die Stärkeren ein
Computerspiel sein.Von der Hartz-IV-Empfängerin, die sich mal ’ne Woche Auszeit gönnt, fühlen wir uns nicht
betrogen, auch nicht vom kleinen Mann, der seine Steuererklärung fälscht. Die 3,50 €, die der
Staat da aufdeckt, stehen in keinem Verhältnis zum Schaden, den Datenabgleich und der
Aufbau riesiger neuer Verwaltungsorgane anrichten.

Wenn sich der proletarische Einkauf die Delikatessenabteilung erschließt, ist das gut und nicht
schlecht. Weg mit Kameras und Alarmanlagen und all den Wach- und Schließfirmen, die sich an
der Verunsicherung unseres Lebens eine goldene Nase verdienen.

Es gibt echt Schlimmeres auf der Welt als die sympathische kleine Gaunerei.

Überall ist Militär, überall ist Polizei – und was ist eigentlich noch der Unterschied. Seit in
Europa die nationalen Grenzen fallen, sind die Kontrollen überall. Ein Fußballspiel, ein
Gipfeltreffen genügt und schon kehrt der Schlagbaum zurück. Armuts-, Reichtums-, Shoppingund
Gefahrenzonen schießen wie Pilze aus dem Boden und sortieren die Menschen
entsprechend ein. Für manche steigt offenbar der Komfort, wenn sie ihre Klunker und sich
selbst in zooähnlichen Wohnanlagen beschützen lassen, für andere kann die rassistische
Kontrolle auf dem Bahnhof das Todesurteil bedeuten. Dass Waren statt Menschen frei
herumreisen dürfen, setzt falsche Prioritäten und zeigt in erster Linie eines: Die Grenze verläuft
nach wie vor zwischen oben und unten.

Welches Regime auch immer den Apparat morgen leiten mag: Es wird sich freuen über die aus
dem Weg geräumten Hindernisse und all die neuen Werkzeuge: Lauschangriff, Handyortung,
schwarze Listen ..ähh… personenbezogene Dateien, Vorratsdatenspeicherung. Der einmal
geschaffene restriktive Rahmen bleibt und kann für beliebige Zwecke genutzt werden, die wir
heute erst beginnen zu erahnen. Klar ist aber eins: Es gibt keinen Grund, den Herrschenden in
diesem Unterfangen edle Absichten zu unterstellen. So ermüdend und fatal es auch ist: Es geht
mal wieder nur um Macht und Geld, und diese Saison soll’s mal wieder ein europäisches
Imperium sein.

Für die entsprechende Zurichtung der Gesellschaft, im Behörden- und
KriegstreiberInnenjargon gern Transformation genannt, brauchte es ein bisschen Anlauf, den
einen oder anderen Türoffner: Vergewaltiger ermöglichten den Reihen-DNA-Test, Päderasten
legitimierten die Spionage im PC, seit dem elften September ist kein Halten mehr.
Bedrohungsszenarien tauchen scheinbar aus dem Nichts auf, die Schubladen von Think Tanks
und Waffenhändlern werden uns noch einige Überraschungen bereiten. Um mit Angst
Geschäfte zu machen und über Kapitalismus nicht reden zu müssen braucht es als erstes? Na?
Ja, genau! Angst!

Zum Vergessen der sozialen Verunsicherung

Wir haben etwas zu verbergen vor einem Staat, der uns in einem permanenten Kriegszustand
einbauen und vernutzen will. Der mit Gewalt und Propaganda glauben machen will, dass es
dazu keine Alternative gibt. Wo nach Beerdigung des ohnehin stets auf die Rente verschobenen
bürgerlichen Glücksversprechens nur mehr bloßes Funktionieren stehen soll, lebenslängliches
Arbeiten zum Erhalt der Körperfunktionen. Nicht sehr attraktiv. Das weiß auch der Staat und
sucht sein Heil zusehends restloser in Repression und Überwachung.

Dabei könnte es so einfach sein: Ein fröhliches und selbstbestimmtes Miteinander
gleichberechtigter Menschen statt Ängstlichkeit und Leinenzwang. Es ist an der Zeit, dass wir
das mal probieren und nicht die Trottel, die sich auf dem Polizeikongress treffen. Jedes
Experiment ist besser als der sichere Untergang.

Doch steht unserem munteren Experimentieren ein dickes Hindernis entgegen: Die bald schon
unterschiedslos „Sicherheitskräfte“ genannten Einheiten aus Polizei, Militär, Geheimdiensten,
privaten Söldnern usw., die sich europaweit koordinieren, gemeinsame Datenbanken und
Grenzpatrouillen einrichten, ihr Wissen und ihre Waffen vereinen. Das ist es, was auf dem
Polizeikongress passiert, dorthin führt uns unsere Demonstration, das soll aufhören!

Und so beginnt das Experiment erzwungenermaßen immer wieder mit einer Machtfrage. Ohne
Kampf wird es nicht gehen. Und das meint mehr als individuelles Durchwurschteln. Aber auch
die gemeinsame Abwehr immer neuer Schnüffeleien kann nur ein Anfang sein. Es muss einiges
grundsätzlich anders werden, der ganze Blick auf die Menschen als potentielle Bedrohungen ist
komplett falsch und einseitig – entsetzt in seiner zusehends totalisierenden Vehemenz selbst
eingefleischte VerfechterInnen des bürgerlichen Staates. Und an diesem Punkt treffen wir uns.
Auch wir sollten zeitweise gewährte, und doch nicht minder erkämpfte Rechte wie Datenschutz
und die Unverletzlichkeit privater Räume nicht einfach so aufgeben. Wir sollten sie allein schon
deshalb verteidigen, weil ihr Wegfall unsere Kampfbedingungen verschlechtert. Wenn
Überwachung und Kontrolle sich anschicken, bereits das kleine Durchwurschteln nahezu zu
verhindern, wird es noch viel schwieriger werden, das große Ganze in Angriff zu nehmen.

Deswegen bekämpfen die uns aber auch…

Der Schwarze Block e. V.
Kommt zur Demonstration am Dienstag, den 29.
Januar 2008, 15.30 Uhr Dussmann Kaufhaus,
Unter den Linden/ Friedrichstraße!!
ganz viele Infos unter: http://euro-police.noblogs.org

[1] http://www.youtube.com/watch?v=XBd7PBnKVbQ&feature=related