US-Regierung legt Anti-Terrorprogramm „Secure Flight“ neu auf

[heise.de] Die US-Regierung richtet ihr umstrittenes Screening-Programm Secure Flight
neu aus. Künftig sollen den Abgleich von Passagierdaten mit
Terrorlisten nicht mehr die Fluggesellschaften durchführen. Vielmehr
müssen diese ein vergleichsweise überschaubares Set an
personenbezogenen Informationen fortan an die bereits mit einem Big-Brother-Award ausgezeichneten US-Flugaufsichtsbehörde TSA
übermitteln. Die Transportation Security Administration vergleicht die
Angaben dann mit zwei Komponenten der staatlichen "Terrorist
Screening"-Datenbank, der sogenannten "No Fly"-Liste sowie einem
weiteren Verzeichnis für Reisende, die sich einer gesonderten
Überprüfung an Flughäfen unterziehen müssen. Die entsprechende
Umstellung kündigte das Department of Homeland Security (DHS) in einer Mitteilung an.

Die Fluglinien müssen künftig von ihren Kunden Name, Geburtsdatum
und Geschlecht abfragen und – soweit verfügbar – mit zusätzlichen
Informationen wie der Ausweis- und Reservierungsnummer oder dem
bisherigen Reiseablauf 72 Stunden vor Abflug oder baldmöglichst nach
einer späteren Buchung der TSA übergeben. Mit den Angaben erhofft sich
die Regierung, die Treffsicherheit des Überwachungssystem zu
verbessern. 2005 war bekannt geworden,
dass mindestens 30.000 Flugpassagiere im Rahmen von Secure Flight
fälschlicherweise auf den Listen mit potenziellen Terrorverdächtigen
gelandet waren. Probleme beim Fliegen hatte unter anderem die Gattin
des republikanischen Senators Ted Stevens, Catherine Stevens, da ihr
Name dem von Cat Stevens ähnelt. Der zum Islam konvertierte britische
Popsänger ist in der Screening-Datenbank verzeichnet.

Inzwischen soll die "No Fly"-Liste selbst noch etwa 2500 Individuen umfassen, hieß es
bei der Ankündigung der geänderten Fortführung des Programms. Zehn
Prozent davon seien US-Bürger. Im Verzeichnis für besonders strenge
Kontrollen vor dem Boarding sollen weniger als 16.000 Bürger aufgeführt
sein. Die neuen Bestimmungen gelten für Inlandsflüge innerhalb der USA
von Anfang 2009, für internationale Fluggesellschaften von Ende
nächsten Jahres an. Bis dahin erfolgt die Überprüfung international
Reisender weiter über das Screening-Programm der US-Zoll- und Grenzschutzbehörde mithilfe des Advance Passenger Information System APIS. Die darüber erhobenen Daten sollen auch nach Inkrafttreten der Neuauflage von Secure Flight von der US Customs and Border Protection weiter zusätzlich kontrolliert werden.

Die bei beiden Systemen in Anspruch genommenen Datensets fallen deutlich geringer aus als ihr Pendant im transatlantischen Abkommen
zur Weitergabe von Passenger Name Records (PNR) ((zu den zwischen der
EU und USA vereinbarten Datensätzen in den übermittelten Passenger Name
Records siehe auch: Heikle Hilfestellung zur Weitergabe von Fluggastdaten).
So übermitteln die Airlines auf dem alten Kontinent an die US-Behörden
etwa auch Anschrift der Reisenden, Zahlungsart, Rechnungsanschrift,
Telefonnummern, Vielflieger-Einträge, Reisebüro, Bearbeiter,
Reisestatus, E-Mail-Adresse, Informationen über Flugscheinausstellung
(Ticketing), allgemeine Bemerkungen, Flugschein- und Sitzplatznummer,
Datum der Flugscheinausstellung, Nummern der Gepäckanhänger oder
spezielle Service-Anforderungen wie Essenswünsche. Auch beim geplanten EU-System
zur Überwachung von Flugpassagieren war bislang von einer derart
umfassenden Datenerfassung die Rede. Für die Sicherheit des
Flugreiseverkehrs innerhalb der USA und zwischen den Vereinigten
Staaten sowie außereuropäischen Staaten wird die Abfrage all dieser
personenbezogenen Informationen dagegen von Washington nicht für nötig
erachtet.

Bürgerrechtler etwa von der American Civil Liberties Union (ACLU)
kritisieren das reformierte "Secure Flight"-System trotzdem. Sie
bemängeln vor allem, dass fälschlich Betroffene sich weiterhin nicht
ausreichend gegen erfolgte Spezialbehandlungen oder dem Ausschluss vom
Flugverkehr rechtlich zur Wehr setzen könnten. Nach Angaben der ACLU
umfasst die gesamte Regierungsdatenbank potenzieller Terroristen
400.000 Individuen mit rund einer Million Einträge unterschiedlicher
Namensschreibweisen und von Pseudonymen. Beim DHS sind seit Februar
2007 rund 43.500 Anträge auf Wiedergutmachung eingegangen, von denen
aber erst 24.000 bearbeitet werden konnten. Auch die "endgültige Richtlinie"
(PDF-Datei) für Secure Flight enthält auf 159 von 195 Seiten vor allem
kritische Kommentare und offizielle Entgegnungen rund um das gesamte
Prozedere. (Stefan Krempl) /
(jk/c’t)

Source: http://www.heise.de