Vom allgemeinen Nutzen der Antiterrorgesetze

In Großbritannien werden auch Müllsünder mit dem Antiterrorgesetz Ripa von Kommunen ausspioniert

[heise.de] Gerade erst hat Großbritannien gezeigt, wie die Gesetze, mit denen
angeblich der Terrormsus bekämpft werden sollte, auch anderweitig
einsetzen lassen. So wurde, um das Vermögen der isländischen Bank
Landsbanki in Großbritannien einzufrieren, kurzerhand auf ein Antiterrorgesetz zurückgegriffen.
Zur Rechtfertigung hieß es nun, dass es in diesem Gesetz eben auch
Maßnahmen gibt, die nicht allein der Terrorbekämpfung dienen.

Ähnlich, wenn auch weit drastischer, dient der Regulation of Investigatory Powers Act (RIPA)
allem anderem als dem Kampf gegen Terror. Möglicherweise hat sich aber
auch seit 2000, als das Gesetz in Kraft trat und dann nach dem 11.9.
erheblich erweitert wurde, das Verständnis von Terrorismus verändert.
Terror wird offensichtlich nun auch ausgeübt, wenn Abfall nicht
ordnungsgemäß beseitigt oder Hundekacke zurückbleibt. Seit 2004 ist der
Zusatz zum RIPA in Kraft getreten, der die Zahl der Behörden, die
Kommunikationsdaten von den Telefon- und Internetanbietern verlangen
können, drastisch erweitert hat. Namen und Adressen, Verbindungsdaten,
besuchte Websites und Lokalisierungsdaten bei Mobiltelefonen können zur
Prävention, Aufdeckung und Verfolgung von Verbrechen oder zum Schutz
der öffentlichen oder nationalen Sicherheit von 792 Ministerien,
Behörden und Institutionen bis hinunter zu kommunalen Behörden oder der
Feuerwehr ohne richterliche Genehmigung eingeholt und ausgewertet
werden (Mit Antiterrorgesetz auf der Jagd nach Hundekacke).

Immerhin führen die Briten damit vor, wie sich Gesetze, die
vermeintlich dringend notwendig waren, um große Gefahr abzuwehren, für
den täglichen Gebrauch missbrauchen lassen und so auf Alltagsebene den
Überwachungsstaat Schritt für Schritt erweitern. Seit 2004 ist ein
Zusatz zum RIPA in Kraft getreten, der die Zahl der Behörden, die
Kommunikationsdaten von den Telefon- und Internetanbietern verlangen
und andere Überwachungsmaßnahmen ausführen können, drastisch erweitert
hat. Namen und Adressen, Verbindungsdaten, besuchte Websites und
Lokalisierungsdaten bei Mobiltelefonen können zur Prävention,
Aufdeckung und Verfolgung von Verbrechen oder zum Schutz der
öffentlichen oder nationalen Sicherheit können von 792 Ministerien,
Behörden und Institutionen bis hinunter zu kommunalen Behörden oder der
Feuerwehr ohne richterliche Genehmigung kontrolliert werden.

Nach einer Anfrage nach dem Informationsfreiheitsgesetz, die von 151
Kommunen beantwortet wurde, haben 79 eingeräumt, so berichtet der
Telegraph, das Ripa-Gesetz in den letzten drei Jahren dafür verwendet
zu haben, um Vergehen zu bekämpfen, die mit Hausabfall, Müllabladen
oder Wegwerfen von Abfall zu tun haben. So wurden versteckt in Straßen
oder auch bei Nachbarn Überwachungskameras angebracht, um die Täter in
flagranti zu erwischen. Das Ripa-Gesetz muss auch dazu herhalten, den
illegalen Verkauf von Pizzas oder den Missbrauch von
Behindertenparkplätzen zu unterbinden. Schon früher berichtete der
Telegraph, dass die Kommunen tausende Menschen, darunter auch Kinder ab
dem Alter von acht Jahren, als freiwillige Umweltschützer aufgenommen,
um Nachbar auszuspionieren.

Ein Specher der Local Government Association
rechtfertigte die exzessive Verwendung des Ripa-Gesetzes als "absolute
notwendig". Schließlich seien diese Befugnisse "entscheidend, um
sicherzustellen, das Betrüger von Sozialhilfen, Personen, die illegal
Müll abladen, ungenehmigte Händler und andere schwere Kriminellen
festgenommen und vor Gericht gestellt werden können". So leicht also
geht es, aus Terroristen, die tödliche Anschläge ausführen, Menschen zu
machen, die kleinere Vergehen begehen. Da können Politiker, wenn sie
weitere Überwachungsmöglichkeiten von der Online-Durchsuchung über den
Lauschangriff bis zur Vorratsdatenspeicherung fordern, noch so sehr
versichern, dass solche Befugnisse doch nur im Zusammenhang mit
besonders schweren Verbrechen erteilt werden. Im nächsten Schritt sind
es dann doch vielleicht schon die Copyright-Sünder. Warum auch sollte
man die Möglichkeiten, die es nun einmal gibt, nicht auch anderweitig
nutzen?

Florian Rötzer 02.11.2008

Source: http://www.heise.de/tp/r4/artikel/29/29057/1.html

One response to “Vom allgemeinen Nutzen der Antiterrorgesetze”

  1. Jascha Goltermann

    Zitat:
    Schließlich seien diese Befugnisse „entscheidend, um sicherzustellen, das Betrüger von Sozialhilfen, Personen, die illegal Müll abladen, ungenehmigte Händler und andere schwere Kriminellen festgenommen und vor Gericht gestellt werden können“.

    Soso, Betrüger von Sozialhilfen und personen, die illegal Müll abladen oder ungenehmigt Pizza verkaufen werden also schon als schwere Kriminelle gewertet und mit diesen gleichgestellt.
    Politiker mit solch einem Moralverständnis finden dann ja für jede noch so drastische Maßnahme ein noch so banalen Grund zum Einstaz; Diskussionsmöglichkeit ausgeschlossen.
    So jemand darf doch nicht Entscheidungsträger in der Poltik sein und seine Meinung nicht mehr Wert, als die der unzähligen Gegener dieser Gesetze!