Bundesregierung fordert: Polizeispitzel sollen nicht Polizeispitzel genannt werden

In einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Andrej Hunko (DieLinke) kritisiert die Bundesregierung die Bezeichnung von verdeckten Ermittlern als „Polizeispitzel“. In einer belehrenden „Vorbemerkung“ von einer Seite weist die Regierung, vertreten durch Dr. Ole Schröder, den Fragesteller darauf hin, dass ihr eine Personengruppe „Spitzel“ oder auch „Polizeispitzel“ nicht bekannt sei und sie dies auch bereits im Oktober 2011 zum Ausdruck gebracht habe. Die Linke möge „bei etwaigen künftigen Fragen einen Sprachgebrauch sicher“ stellen, „der sowohl der Aufgabenstellung, dem Ansehen und den Persönlichkeitsrechten in- und ausländischer Polizeibeamter als auch der angemessenen Ausübung des verfassungsrechtlich verankerten parlamentarischen Fragerechts hinreichend Rechnung trägt.“ Weiter wird die besondere Qualität dieser Beamten, die „für eine entsprechende Verwendung“ ausgewählt werden, gepriesen und ihre Bedeutung „für die Menschen [..], die in der Bundesrepublik Deutschland sicher leben wollen“ betont.

Nach diesen mahnenden Worten beantwortet die Bundesregierung dann aber doch noch – wenn auch teilweise vom Verfassungsschutz (VS) als geheim eingestuft – die 26 an sie gerichteten Fragen zum „Euroanarchismus“. Konkret wollte Hunko Auskunft über die europäische Zusammenarbeit bei der Datenerhebung und -sammlung zu diesem Themenkomplex, dem Einsatz von Polizeispitzeln/Verdeckten Ermittlern bei linken Protesten und zu vergleichbaren Datensätzen des BKA und des Verfassungsschutzes.

Die Bundesregierung, die sich in der „Vorbemerkung“ noch als Verfechterin der korrekten Sprachwahl empfiehlt, muss in der Antwort einräumen, dass das BKA den Begriff des „Euroanarchismus“ bisher nicht definiert habe und es sich hierbei beim BKA, dem der „Komplex der ‚europäischen Anarchisten’ bzw. ‚Euroanarchisten’“ aber seit „fast vier Jahren bekannt“ sei, um einen „Arbeitsbegriff“ handelt. Diese Unsicherheit darüber, wen und was man hier eigentlich kriminalisiert, hindert aber den Bundesverfassungsschutz nicht, seit „etwa vier Jahren“ Menschen als „Euroanarchisten“ zu kategorisieren. Und genau wie beim BKA findet zu diesem „Arbeitsbegriff“ (und den davon Betroffenen) auch beim VS ein Informationsaustausch mit Frankreich, Großbritannien, Italien, Griechenland und der Schweiz statt. Die Bundesregierung zeigt sich zudem mit der Klassifizierung von anti-kapitalistischen, anti-militaristischen, antifaschistischen und No-Border-Camp AktivistInnen als „anarchistisch“ einverstanden, wie es die europäische Polizeibehörde Europol auch tut.

Radio Dreyeckland wird voraussichtlich in den kommenden Tagen ausführlicher über die Anfrage berichten. Nicht zuletzt, da sie auch noch einmal den Einsatz des LKA-Spitzels Simon Bromma thematisiert. So verdichten sich die Hinweise, dass Simon Bromma beim No Border Camp 2010 in Brüssel half, internationale Aktivistinnen zu bespitzeln. Die Aufklärung der Hintergründe dieses und potentiell vergleichbarer Spitzeleinsätze in Baden-Württemberg, die zu Oppositionszeiten noch lautstark von Grün-Rot, allen voran vom innenpolitischen Sprecher und parlamentarischen Geschäftsführer der Grünen, Uli Sckerl,  gefordert wurde, wird seit der Machtübernahme von Grün-Rot aktiv verhindert.

Die Anfrage samt Antwort und einer Stellungnahme des Fragestellers findet ihr hier.

Source: http://rdl.de/index.php?option=com_content&view=article&id=16931:bundesregierung-fordert-polizeispitzel-sollen-nicht-polizeispitzel-genannt-werden&catid=447:dorfnachrichten&Itemid=405