Bewaffnetes UAV für Luftwaffe unumgänglich – PREDATOR B als Lösung?

Die Diskussion um unbemannte fliegende Plattformen, die im Rahmen des Aufklärungsverbundes System zur Abbildenden Aufklärung in der Tiefe des Einsatzgebietes (SAATEG) eingesetzt werden können, hält seit Jahren an. Nachdem es zu keiner Kauflösung eines US-Systems mit der Bezeichnung PREDATOR B in Deutschland gekommen ist und der politische Druck auf den damaligen Staatssekretär Rüstung, Rüdiger Wolf, zur Beschaffung des israelischen UAV (Unmanned Aerial Vehicle) mit der Bezeichnung HERON 1 zu groß wurde, ist dieses System als zeitlich begrenzte Zwischenlösung in der Bundeswehr eingeführt worden. Das von dem israelischen Konzern Israel Aerospace Industrie (IAI) entwickelte UAV HERON 1 ist ein reines Aufklärungssystem, welches mit modernen elektrooptischen Sensoren ausgerüstet ist, die in der Lage sind, bei Tag und Nacht und in Echtzeit hochauflösende Bilder vom überflogenen Gebiet zu liefern. Die Luftwaffe hat als heutiger Betreiber dieser technischen Lösung die amerikanische UAV Lösung PREDATOR B einer HERON 1 Lösung aus technischen und logistischen Gründen vorgezogen. Die PREDATOR B, die auch den Namen REAPER (Sensenmann) trägt, gehört zu den leistungsfähigsten UAV-Systemen in der MALE-Klasse. Die militärische Abkürzung MALE steht für Medium Altitude Long Endurance und bezeichnet eine mittlere Flughöhe, die zwischen 5.000 und 15.000 Metern liegt. Aus beschaffungspolitischen Gründen wurde auf die Beschaffung des US-amerikanischen UAV Modells vorerst verzichtet und auf die HERON 1 Lösung zurückgegriffen.
Die HERON 1 ist nicht bewaffnungsfähig und deutlich kleiner als die PREDATOR B, die nicht nur von den US-Streitkräften, sondern auch von vielen anderen Nationen betrieben werden.

Dennoch ist die militärische Notwendigkeit über ein UAV-System in der Bundeswehr zukünftig zu verfügen, welches zum einen in der Lage ist, aufzuklären und zum anderen auch Bodenziele bekämpfen zu können, seit langem bekannt. Der MQ-9 PREDATOR B von General Atomics, welcher der deutschen Luftwaffe bis zum Jahre 2009 von dem Unternehmen Diehl Defence angeboten wurde, wird heute vom Schweizer Konzern RUAG angeboten. Im Herbst 2012 soll der Deutsche Bundestag über die Beschaffung eines neuen und bewaffnungsfähigen UAV-Systems abstimmen. Die deutsche Luftwaffe favorisiert die PREDATOR B, mit der über Zeiträume von deutlich über 20 Stunden weite Gebiete überwacht und bewegliche oder stationäre Ziele sicher aus großen Flughöhen aufgeklärt und verfolgt werden können. Darüber hinaus kann die PREDATOR B lasergesteuerte Präzisionsabwurfwaffen oder hochpräzise Lenkwaffensysteme mitführen, die in der Lage sind, Ziele punktgenau zu treffen. Mit Hilfe eines Aufklärungs- und UCAV, wie der PREDATOR es darstellt, können die deutschen Soldaten der ISAF-Mission besser gegen mögliche Angreifer geschützt werden, die schon bei der Anschlagsvorbereitung aus der Luft erkannt werden können. Die technische Verbindung zwischen einem hoch wirksamen Aufklärungssystem und den dazugehörigen und mitgeführten Effektoren machen eine UCAV zu einem wichtigen Instrument für die Luftstreitkräfte, um gezielt und ohne große Kollateralschäden gegen derartige Hochwertziele vorgehen zu können. Ferner könnten bei Kampfhandlungen in urbanen Strukturen (bebauten Gebieten) Soldaten mit Hilfe von UCAV sehr effektiv unterstützt werden. Dies ist bisher nicht möglich, da weder der Unterstützungshubschrauber TIGER noch bewaffnete Kampfflugzeuge der Bundeswehr bei diesen Einsätzen zur Verfügung stehen. Ferner ist die Bewaffnung des Unterstützungshubschraubers TIGER nur bedingt gegen urbane Zielstrukturen und gegen Weichziele in ihrer Wirkung geeignet. Eine Änderung des viel kritisierten Bewaffnungskonzepts würde zu Mehrkosten bei diesem Projekt führen und technologisch sehr aufwendig sein, da der UH TIGER vorrangig als hochleistungsfähiger Panzerabwehr- und nicht als klassischer Unterstützungshubschrauber konstruiert ist, da diesem zum Beispiel auch eine Bordkanone fehlt, die nie von den Heeresfliegern gefordert wurde. Ein technischer Nachteil, der auf Grund des Kundenwunsches damals so entstanden ist, da sich dieser bei der technischen Auslegung des Hubschraubers in den neunziger Jahren mehrfach gegen die Einrüstung einer 30mm Bordkanone aussprach. Der Leidtragende ist wieder einmal der deutsche Soldat auf dem Boden, wie schon vielfach und auch vom Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestags Hellmut Könighaus mehrfach kritisiert wurde.
Vor dem Hintergrund der neuen sicherheitspolitischen aber auch militärischen Herausforderungen sowie Aufgaben, denen sich die Bundeswehr gegenübergestellt sieht, sind UCAV-Systeme unverzichtbar, um Bodentruppen wirkungsvoll im Rahmen von Kampfhandlungen zu unterstützen. Die Zwischenlösung, die im Rahmen des noch aufzubauenden SAATEG-Verbund realisiert wurde, ist und bleibt für die neuen Aufgaben nur ein Behelf, mit dem lediglich aufgeklärt aber nicht gewirkt werden kann – eine Fähigkeitslücke, die dringend geschlossen werden muss.

Doch aufgrund eines jahrelangen politischen Zögerns, dieses Beschaffungsvorhaben durch den Kauf von UCAV endlich umzusetzen, wird es noch weitere Jahre dauern, bis ein System auf dem Hof der Bundeswehr steht. Die deutschen Truppen sollen ab 2014 nicht mehr der ISAF-Mission zur Verfügung stehen und der Abzug begonnen haben. Bis zu diesem Zeitpunkt werden weiterhin keine UCAV der Luftwaffe zur Verfügung stehen. Hinzu kommt die Bewaffnungsfrage, die ebenfalls noch geklärt werden muss, da entsprechende Waffensysteme hierfür noch nicht feststehen. Wenn man die aktuellen Beschaffungszeiten hierfür zugrunde legt, dann dürften noch weitere Jahre ins Land ziehen, bei denen nicht nur die technischen Leistungsparameter, sondern auch die Frage geklärt werden muss, ob eine nationale Lösung oder ein internationales Angebot für den Beschaffer in Frage kommt. Hinzu kommt die Frage, ob ein UCAV nicht auch aus nationaler Entwicklung, wie zum Beispiel CASSIDIAN es anbietet, in Betracht kommt. Damit dürften sich für die Luftwaffe noch größere zeitliche Beschaffungszeiträume abzeichnen und eine entsprechende Beschaffung in noch größere Entfernung rücken. Leidtragende sind natürlich die Bodentruppen, die keine luftgestützte Unterstützung haben, die bei den Einsätzen zur Verfügung steht. Dennoch wäre mit der Beschaffung des PREDATOR B der erste Schritt in die richtige Richtung gemacht, um eine Fähigkeitslücke im Bereich der unbemannten Aufklärung zu schließen.

Zwischenlösung SAATEG

Bis zur Beschaffung einer bewaffnungsfähigen UAV wurde die bestehende Zwischenlösung SAATEG noch vor der Sommerpause des Deutschen Bundestags verlängert. Der Newsletter Verteidigung berichtete bereits darüber. Hier Auszüge aus dem entsprechenden amtlichen Papier.
»Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages hat am 7. Juli 2010 der Auslösung der Option über die zweijährige Verlängerung der Laufzeit des am 23. Oktober 2009 zwischen dem Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) und der Rheinmetall Defence Electronics (RDE) geschlossenen Vertrages über die Zwischenlösung System zur Abbildenden Aufklärung in der Tiefe des Einsatzgebietes (ZwL SAATEG) zugestimmt.
Das Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) beabsichtigt, diesen Vertrag durch Abschluss eines 4. Änderungsvertrages um weitere zwei Jahre bis zum 22. Oktober 2014 zu verlängern. Der Vertragswert dieses 4. Änderungsvertrages beläuft sich auf rund 62,98 Millionen Euro (ohne Umsatzsteuer). Die Zwischenlösung SAATEG ist konzipiert als unbemanntes, hochfliegendes Luftfahrtsystem zur nahezu verzugslosen, abbildenden Überwachung und Aufklärung in der Tiefe des Einsatzgebietes. Es dient der Entdeckung, Erkennung und Identifizierung von Objekten und Zielen sowie deren Beobachtung und Verfolgung und besteht aus den wesentlichen Systemanteilen:
• drei UAV (Unmanned Aerial Vehicle) vom Typ HERON I,
• zwei Bodenkontrollstationen sowie
• je einem terrestrischen und satellitengestützten Datenlink.

Das System wird in Form einer Betreiberlösung eingesetzt und ist keine unmittelbare Beschaffung für die Bundeswehr. Gleichwohl wird zeitlich begrenzt eine Beschaffungslösung ersetzt und die Grenze für die Beteiligung des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages von 25 Millionen Euro überschritten. Die Zwischenlösung SAATEG ist ausschließlich für den Einsatz in Afghanistan vorgesehen, wird dort am Standort Mazar-e-Sharif durch die Bundeswehr betrieben und deckt das gesamte Operationsgebiet des deutschen ISAF-Kontingents ab. Mit der durch Vertrag vom 23. Oktober 2009 mit RDE vereinbarten Basisleistung (wesentlicher Unterauftragnehmer: Israel Aerospace Industries – IAI) und der zeitlichen Verlängerung wurden die Bereitstellung und der Betrieb der oben genannten Systemkomponenten, deren Wartung und Instandhaltung sowie die Ausbildung des Personals bis zum 22. Oktober 2012 sichergestellt. (…) Das System wird auch über die bisher vereinbarte Vertragslaufzeit hinaus insbesondere zum Schutz der Soldatinnen und Soldaten sowie der zivilen Kräfte der internationalen Gemeinschaft weiter benötigt. Daher soll der Zeitraum für die Leistungserbringung um zunächst zwei weitere Jahre bis zum 22. Oktober 2014 verlängert werden. In der Gesamtleistung mit einem Selbstkostenfestpreis von 62.983.425 Euro (ohne Umsatzsteuer) ist eine Unterauftragnehmerleistung von IAI in Höhe von 41.550.489 US-Dollar auf der Grundlage eines Umrechnungskurses von 1,42 US-Dollar je Euro enthalten.«

Source: Newsletter Verteidigung, Ausgabe 31/2012, Dienstag, 7. August 2012